Vor der Wahl in Taiwan: Die Chinafrage

In Taiwan wird gewählt. Eine Streitfrage ist, wie eng das Verhältnis zu China sein soll. Darüber sollten wir auch in Deutschland reden.

Menschen fotografieren Fließbandarbeiter in der Autoproduktion

Auch für die Deutschen ist China wichtigster Handelspartner. hier Einblicke bei Volkswagen in Shanghai Foto: Aly Song/reuters

Taiwan ist ein Zwerg. Von Deutschland aus ist der ostasiatische Inselstaat mit seinen 23 Millionen Einwohner*innen zudem weit weg. Und nur weil das Land in der Halbleiterindustrie führend ist, müssen einen die dortigen Wahlen nicht gleich interessieren. Was aber doch von Interesse sein könnte: Die Tai­wa­ne­r*in­nen stimmen nicht zuletzt über die Frage ab, welches Verhältnis sie künftig zur Volksrepublik China haben wollen. Diese Frage geht auch uns an.

Politisch ist die Lage in Taiwan klar. Zwar bezeichnet die kommunistische Führung auf dem chinesischen Festland die Insel als abtrünnig und droht damit, die Wiedervereinigung auch militärisch durchsetzen zu können. Angesichts der seit sieben Monaten anhaltenden Proteste in Hongkong gibt es vor allem unter jungen Taiwaner*innen die Furcht, dass Peking seinen Einfluss bald ähnlich ausüben könnte wie in Hongkong.

Doch die Lage ist nicht vergleichbar. Taiwan ist de facto unabhängig. Das Land wird demokratisch regiert und hat ein eigenes Militär. Daran will in Taiwan auch keine der großen Parteien rütteln. Trotz Pekings Drohgebärden ist eine gewaltsame Intervention in der nächsten Zeit unwahrscheinlich.

Anders sieht es mit Taiwans wirtschaftlicher Abhängigkeit aus. China ist zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. Von diesem Aufstieg hat Taiwan mächtig profitiert: Rund 40 Prozent der Exporte gehen heute in die Volksrepublik. Die oppositionellen Konservativen in Taiwan setzen auf noch mehr wirtschaftliche Nähe, die regierende DPP will weniger China. Und damit sind wir bei Deutschland.

Auch für die Deutschen ist China wichtigster Handelspartner. Allein 2018 haben deutsche Firmen Waren im Wert von über 100 Milliarden US-Dollar dorthin geliefert. Doppelt so viel wie vor zehn Jahren, mehr als in die USA.

Plötzlich schikaniert China auch deutsche Firmen

Taiwan, Japan und Südkorea haben bereits zu spüren bekommen, was es heißt, wenn Peking seinen wirtschaftlichen Einfluss dazu nutzt, politische Interessen durchzusetzen. Die Einführung des Social-Credit-Systems, das auch Unternehmen staatlicherseits nach ihrem Verhalten bewerten soll, oder Pekings Wille, ausländische Hersteller durch einheimische zu ersetzen – plötzlich werden auch deutsche Firmen in China schikaniert.

Taiwans pekingkritische Präsidentin Tsai Ing-wen will die wirtschaftliche Abhängigkeit vom autoritären Nachbarn zurückfahren und sich stärker anderen Ländern zuwenden. Es wird Zeit, dass auch Deutsche ihren Umgang mit China über­denken.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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