Vor der Landtagswahl in NRW: Grüne öffnen die CDU-Tür
Die Grünen schließen eine Koalition mit der FDP kategorisch aus. Eine Zusammenarbeit mit der CDU soll aber denkbar bleiben.

…und WählerInnen Foto: dpa
BOCHUM taz | In der Woche vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen werben die Grünen um WählerInnen der SPD von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. „Wer Rot-Grün will, muss mit der Zweitstimme Grün wählen“ – so lautet nicht nur ein einstimmiger Beschluss des Landesparteirat genannten kleinen Parteitags, mit dem der kleinere Koalitionspartner der NRW-Regierung am Sonntag in Bochum in den Wahlkampf-Endspurt ging: „Zweitstimme Grün“ prangt auch auf dem Schlussmotiv der Wahlkampagne, das Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann schon vor Beginn des Landesparteirats (LPR) kamerawirksam der Presse vorstellte.
„Wir wollen die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der SPD fortsetzen“, heißt es in dem LPR-Beschluss. Die stehe für eine „sozial gerechte, ökologische, menschen- und bürgerrechtliche Politik“. Eine definitive Absage an jede Zusammenarbeit gerade mit den Christdemokraten findet sich in dem Papier aber nicht.
Zwölf Tage zuvor hatte das anders geklungen: Bei einem bemerkenswerten Auftritt in der Landeshauptstadt Düsseldorf hatte Löhrmann Krafts CDU-Herausforderer Armin Laschet einen Korb gegeben: „Wir wollen nicht mit ihm in die Regierung.“ Mit Abgeordneten der Landtagsfraktion im Rücken, flankiert von den Parteichefs Mona Neubaur und Sven Lehmann, hatten sich Löhrmann und NRW-Umweltminister Johannes Remmel an SympathisantInnen in „Kirchen, Gewerkschaften und Umweltschutzverbänden“ gewandt: Wer Klimaschutz, ökologische Landwirtschaft und den Ausstieg aus der Braunkohle wolle, müsse Grün wählen. Remmel hatte dabei vor allem vor der „marktradikalen FDP“ unter ihrem Vorsitzenden Christian Lindner gewarnt: „Er oder wir“, darum gehe es in diesem Wahlkampf.
Grund dieses „Weckrufs“: Seit Mitte März dümpelten die Grünen bei miserablen sechs Prozent – und am 25. April hatte eine „YouGov“-Umfrage sogar die Fünfprozenthürde in Sichtweite gesehen. „Völlig konsensual“ hätten sich Parteichefs, Spitzenkandidatin und Abgeordnete deshalb zur Absage an Laschet und Lindner entschlossen, versichert Löhrmann.
Ein grundsätzliches Nein ist der Beschluss nicht
Der aktuelle Beschluss des kleinen Parteitags ist dagegen weniger deutlich. Zwar beklagt das Papier, durch Laschet würden „Klima- und Umweltschutz wieder als wirtschaftsfeindlich dargestellt“. Außerdem stehe der Herausforderer für den „Abbau von Bürgerrechten“ – im Wahlkampf hat der Christdemokrat immer wieder die „Schleierfahndung“, also anlasslose Polizeikontrollen immer und überall, gefordert. Und die FDP symbolisiere „Studiengebühren, Privat vor Staat und das Ende der Solidarität“.
Das Fazit des Parteirats: „Dieser Politik werden wir nicht zur Macht verhelfen.“ Allerdings: Viele Grüne wollen das vor allem als Absage an eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP verstanden wissen. Ein grundsätzliches Nein gegenüber Schwarz-Grün sei der LPR-Beschluss nicht, betonen sie hinter vorgehaltener Hand – schließlich hat nicht nur die Spitzenkandidatin jahrelang für einen Kurs der grünen „Eigenständigkeit“ geworben und vor jeder „Ausschließeritis“ bei der Zusammenarbeit mit anderen gewarnt.
Den Grünen scheint ihr „Weckruf“ geholfen zu haben
Heute aber sei jede Spekulation über eine Koalition mit den Christdemokraten „müßig“, findet nicht nur Löhrmann – in letzten Umfragen liegen CDU wie SPD in NRW jeweils nur bei 32 Prozent. Jenseits einer Großen Koalition bräuchte es zur Regierungsfähigkeit also ein Bündnis aus drei Parteien. Die teilweise mit 13 Prozent gehandelte FDP hat eine Ampelkoalition aber bereits im April ebenso ausgeschlossen wie die Grünen jetzt Jamaika. Und SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hält die Linken für „nicht regierungswillig, nicht regierungsfähig“.
Im größten Bundesland könnten SPD und CDU also bald ebenso gemeinsam regieren wie im Bund. Den Grünen aber scheint ihr „Weckruf“ geholfen zu haben: Letzte Umfragen sehen sie bei 7 bis 7,5 Prozent – Tendenz steigend.
Leser*innenkommentare
Frank Fischer
„Wir wollen die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der SPD fortsetzen“, heißt es in dem LPR-Beschluss. Die stehe für eine „sozial gerechte, ökologische, menschen- und bürgerrechtliche Politik“
Man braucht sich nur das Abstimmungsverhalten sowohl im Landtag, als auch im Bundesrat anschauen und man erkennt wie dreist eine solche Aussage von den Grünen (und ebenso von der SPD) ist.
DiMa
Schönes Wahlplakat. Selbst den Designern ist also klar, dass die Grünen keine Zukunft mehr haben.
1714 (Profil gelöscht)
Gast
Manchmal gewinnt man den Eindruck, die TAZ hält Stöckchen hin und die GRÜNEN sollen drüberspringen. Doch so blöd, wie die GRÜNEN hier dargestellt werden, sind sie nun wirklich nicht. Man kann aus Kaffeesatz besser die Zukunft lesen als aus dem Beitrag von Andreas Wyputta.
Hartz
Die Grünen in NRW sind schon verzweifelt...
81331 (Profil gelöscht)
Gast
Ja, liebe Grüne in NRW, einfach weiter so, wanzt euch ran, an Frau Merkel.