Vor den Wahlen in Belarus: Regierung bleibt lieber unbeobachtet
Für OSZE-Beobachter*innen hat die Regierung in Belarus keine Einladung ausgesprochen. Man wolle die Wahl „für sich selbst durchführen“.
Zuvor hat der Chef der belarussischen Zentralen Wahlkommission (ZIK), Igor Karpenko, gesagt, dass Belarus die Wahlen „für sich selbst durchführe“. Und es sei geplant, Vertreter*innen von Wahlkommissionen aus Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) als Beobachter*innen zuzulassen. Der GUS gehören zehn Nachfolgestaaten der Sowjetunion an – darunter Russland.
Die OSZE reagierte umgehend. Minsks Entscheidung widerspreche dem Prinzip der Transparenz, die für die Durchführung demokratischer Wahlen wichtig sei, heißt es in einer Erklärung der OSZE. „Sie steht im Widerspruch zu den von Belarus eingegangenen Verpflichtungen und widerspricht sowohl dem Buchstaben als auch dem Geist der Zusammenarbeit, auf denen die OSZE basiert“, sagte der Direktor des OHDIR Matteo Mecacci.
Führende Vertreter*innen der größtenteils exilierten belarussischen Opposition forderten ihre Landsleute in Belarus dazu auf, die Abstimmung zu boykottieren. Bereits von der Präsidentenwahl am 9. August 2020 waren OSZE-Beobachter*innen ausgeladen worden. Damals wollte der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben. Die Wahl wurde von wochenlangen Massenprotesten begleitet.
Lebenslange Privilegien für Lukaschenko
Zur geplanten belarussischen „Privatveranstaltung“ passt auch eine Entscheidung Lukaschenkos, der seit 1994 im Amt ist, vor wenigen Tagen. Er unterzeichnete ein Gesetz, das dem Staatschef sowie seiner Familie lebenslange Immunität vor Strafverfolgung garantiert.
Die Betreffenden erhalten lebenslangen staatlichen Schutz, medizinische Versorgung sowie eine Lebens- und Krankenversicherung. Nach seinem Rücktritt wird der Präsident ständiges Mitglied des Oberhauses des Parlaments sein – auch das lebenslang.
Bei Präsidentschaftswahlen – die nächste soll 2025 stattfinden – dürfen nur Kandidat*innen antreten, die mindestens 20 Jahre ständig in Belarus gelebt haben und nie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis eines anderen Landes waren. Das schließt oppositionelle Bewerber*innen von einer Kandidatur aus.
Die Massenproteste 2020 gegen die gefälschte Präsidentenwahl hatte das Regime mit äußerster Brutalität niederschlagen lassen. Mehr als 35.000 Menschen wurden festgenommen. Viele wurden in der Haft gefoltert oder verließen das Land. Angaben der belarussischen Menschenrechtsorganisation Vjasna (Frühling) zufolge sind derzeit 1.420 politische Gefangene im Gefängnis, darunter der Träger des Friedensnobelpreises von 2022 Ales Bjaljazki.
Im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wird Lukaschenko beschuldigt, in die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland verstrickt zu sein. Die belarussische Opposition fordert, in diesen Fällen zu ermitteln. „Lukaschenko hat das Schicksal tausender Belaruss*innen ruiniert“, zitiert der britische Guardian die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja. „Er wird nach internationalem Recht bestraft und keine Immunität wird ihn davor schützen. Das ist nur eine Frage der Zeit.“
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