piwik no script img

Vor den Wahlen in BelarusRegierung bleibt lieber unbeobachtet

Für OSZE-Beobachter*innen hat die Regierung in Belarus keine Einladung ausgesprochen. Man wolle die Wahl „für sich selbst durchführen“.

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko in einem Wahllokal in Minsk, 17.11.2019 Foto: Belarussian Telegraph Agency/Xinhua/imago

Berlin taz | In Belarus werden die sogenannten Parlaments- und Kommunalwahlen am 25. Februar 2024 erneut ohne Be­ob­ach­te­r*in­nen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stattfinden. Laut Andrei Dapkiunas, belarussischer Vertreter bei der OSZE sowie weiterer internationaler Organisationen in Wien, habe die Regierung Minsk dem Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (OHDIR) mitgeteilt, dass keine entsprechende Einladung ausgesprochen werde.

Zuvor hat der Chef der belarussischen Zentralen Wahlkommission (ZIK), Igor Karpenko, gesagt, dass Belarus die Wahlen „für sich selbst durchführe“. Und es sei geplant, Ver­tre­te­r*in­nen von Wahlkommissionen aus Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) als Be­ob­ach­te­r*in­nen zuzulassen. Der GUS gehören zehn Nachfolgestaaten der Sowjetunion an – darunter Russland.

Die OSZE reagierte umgehend. Minsks Entscheidung widerspreche dem Prinzip der Transparenz, die für die Durchführung demokratischer Wahlen wichtig sei, heißt es in einer Erklärung der OSZE. „Sie steht im Widerspruch zu den von Belarus eingegangenen Verpflichtungen und widerspricht sowohl dem Buchstaben als auch dem Geist der Zusammenarbeit, auf denen die OSZE basiert“, sagte der Direktor des OHDIR Matteo Mecacci.

Führende Ver­tre­te­r*in­nen der größtenteils exilierten belarussischen Opposition forderten ihre Landsleute in Belarus dazu auf, die Abstimmung zu boykottieren. Bereits von der Präsidentenwahl am 9. August 2020 waren OSZE-Beobachter*innen ausgeladen worden. Damals wollte der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben. Die Wahl wurde von wochenlangen Massenprotesten begleitet.

Lebenslange Privilegien für Lukaschenko

Zur geplanten belarussischen „Privatveranstaltung“ passt auch eine Entscheidung Lukaschenkos, der seit 1994 im Amt ist, vor wenigen Tagen. Er unterzeichnete ein Gesetz, das dem Staatschef sowie seiner Familie lebenslange Immunität vor Strafverfolgung garantiert.

Die Betreffenden erhalten lebenslangen staatlichen Schutz, medizinische Versorgung sowie eine Lebens- und Krankenversicherung. Nach seinem Rücktritt wird der Präsident ständiges Mitglied des Oberhauses des Parlaments sein – auch das lebenslang.

Bei Präsidentschaftswahlen – die nächste soll 2025 stattfinden – dürfen nur Kan­di­da­t*in­nen antreten, die mindestens 20 Jahre ständig in Belarus gelebt haben und nie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis eines anderen Landes waren. Das schließt oppositionelle Be­wer­be­r*in­nen von einer Kandidatur aus.

Die Massenproteste 2020 gegen die gefälschte Präsidentenwahl hatte das Regime mit äußerster Brutalität niederschlagen lassen. Mehr als 35.000 Menschen wurden festgenommen. Viele wurden in der Haft gefoltert oder verließen das Land. Angaben der belarussischen Menschenrechtsorganisation Vjasna (Frühling) zufolge sind derzeit 1.420 politische Gefangene im Gefängnis, darunter der Träger des Friedensnobelpreises von 2022 Ales Bjaljazki.

Im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wird Lukaschenko beschuldigt, in die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland verstrickt zu sein. Die belarussische Opposition fordert, in diesen Fällen zu ermitteln. „Lukaschenko hat das Schicksal tausender Be­la­rus­s*in­nen ruiniert“, zitiert der britische Guardian die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja. „Er wird nach internationalem Recht bestraft und keine Immunität wird ihn davor schützen. Das ist nur eine Frage der Zeit.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Diese sogenannten Wahlen sind eine Farce. Warum lässt sich Lukatschenko nicht von Putin oder dem Oberhaupt der orthodoxen Kirche zum König von Weißrussland krönen. Putin lässt sich in der gleichen Zeremonie vorher zum Kaiser von Gross-Russland ausrufen und setzt sich, nach dem Vorbild von Napoleon, erst selbst die 👑 auf und dann seinen Vasallen die Königskrone. Die Demokratie hat fertig. Das alte Ägypten wurde über Jahrtausende von Pharaonen regiert, die ein bleibendes Erbe der Menschheit hinterlassen haben. Wir bekommen dann Bernd I von Putins und Donalds Gnaden. Nach der der dann letzten demokratischen Wahl erklärt sich Trump zum Sieger und der Papst ruft zum ersten Kaiser der USA aus. Die 👑 setzt sich Donald I selbstverständlich selbst auf. Zurück in die Vergangenheit. Ein Reset der Geschichte. Leider geht das mit der Klimakatastrophe nicht, denn hier wirken die Naturgesetze, die auch die grösswahnsinnisten Diktatoren nicht ändern können.