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Vor dem ukrainischen ParlamentExplosion bei Tumulten in Kiew

Die Rebellen in der Ostukraine sollen mehr Autonomie bekommen. Im Parlament stimmte eine Mehrheit für das umstrittene Gesetz. Dann kam es zu einer Explosion.

Die Abgeordneten in Kiew haben trotz heftigen Widerstands für mehr Autonomie votiert (Archivbild). Foto: dpa

Kiew ap | Bei Zusammenstößen während Protesten gegen eine stärkere Autonomie der Ostukraine ist am Montag vor dem Parlament in Kiew ein Polizist getötet worden. Etwa 100 Beamte seien verletzt worden, zehn von ihnen schwer, teilte das Innenministerium mit.

Einige Beamte seien verwundet worden, als aus der Menge der Protestierenden ein Sprengkörper auf sie geworfen wurde und explodierte. Ob und wie viele Verletzte es aufseiten der Demonstranten gab, war zunächst nicht bekannt.

Als besonders angriffslustig erwiesen sich den Angaben zufolge etwa 100 Personen. Die meisten sollen Anhänger der nationalistischen Swoboda-Partei sein, die nur wenige Abgeordnete im Parlament hat.

Zuvor hatten 265 Abgeordnete in dem 450 Mitglieder zählenden Parlament für eine von Präsident Petro Poroschenko vorgeschlagene Verfassungsänderung gestimmt. Die Dezentralisierung ist Teil des Minsker Waffenstillstandsabkommens mit den prorussischen Separatisten vom Februar.

Viele Ukrainer sehen darin eine Gefahr für die Souveränität und Unabhängigkeit des Landes, und auch drei Parteien der Mehrheitskoalition sind gegen die Verfassungsänderung.

Die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko sagte, diese werde nicht zum Frieden führen. Stattdessen werde die Ukraine weitere Gebiete verlieren. Parlamentspräsident Wladimir Groisman widersprach. „Die Ukraine war, ist und bleibt ein vereinigter Staat“, versicherte er.

Endgültig soll über die Verfassungsänderung bei der Parlamentssitzung abgestimmt werden, die am Dienstag beginnt.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 16.10 Uhr.

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5 Kommentare

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  • Zu Pfanni: Es ist genau umgekehrt. Es sind nicht Putins "Nachtwölfe", die für diese Unruhen verantwortlich sind, sondern rassistische Schlägerbanden aus dem Lager der ukrainischen Nationalisten, die sich für eine Groß-Ukraine stark machen und für einen Krieg gegen Russland. Das ist übrigens unstrittig, weil sie sich offen dazu bekannt haben. Russland hat mittlerweile über 1000 Lkw-Ladungen in den Donbass geschickt, um den von Kiew ins Elend gebombten Menschen in den abtrünnigen Gebieten zu helfen. An der Ukraine hat Russland keinerlei Interesse.

     

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  • Fast könnte man meinen, dem Präsidenten Poroschenko laufen die Leute weg.

    Wer allerdings seinerzeit das Interview mit dem Boss der Bikergang „Nachtwölfe“ : http://taz.de/Russischer-Biker-ueber-NS-Gedenken-/!5011202/

    aufmerksam gelesen hat, könnte auch auf die Idee kommen, dass diese Unruhen aus Moskau gesteuert sind.

     

    Wer fürchtet denn am meisten die Autonomie der ukrainischen Ostgebiete? Nicht nur die ukrainische Extremisten, sondern vor allem Putin, der die aus seiner Sicht dort erreichten „Erfolge“ wegschwimmen sieht. Er will keine „autonomen ukrainischen Gebiete“, sondern die GANZE Ukraine als Teil seines Russischen Reiches.

     

    Natürlich macht sich Saubermann Putin die Finger nicht selbst schmutzig, er hat ja seine Leute „für’s Grobe“, die „Nachtwölfe“.

    Würde mich nicht wundern, wenn die auch bei diesen gewalttätigen Demos mitmischen!

    • @Pfanni:

      Auf die Idee ist noch nicht mal der Schokohase gekommen. Wie verbohrt kann man denn sein?

  • Ich habe gelesen, dass für die endgültige Verfassungsänderung 300 Stimmen gebraucht werden. Mal sehen wie viele Abgeordnete Angst haben, dass der nächste Sprengkörper bei ihnen zu Hause explodiert.

  • Es ist sehr traurig, dass die Ukraine nicht zur Ruhe kommt. Die nationalistischen Kräfte sind keineswegs zu unterschätzen und können das Land auch langfristig destabilisieren. Es bleibt zu hoffen, dass das nicht der Anfang einer Kette von Anschlägen ist.