Vor Scholz' China-Reise: Kritik von Menschenrechtsvertretern
Am Donnerstag reist Olaf Scholz nach China. Exil-Uiguren und Menschenrechtler:innen fürchten, dass der Kanzler ihr Thema vernachlässigen könnte.
Der Exilvertreter der verfolgten uigurischen Minderheit im Nordwesten Chinas warf dem Kanzler vor, mit seinem Besuch dem gerade mit einer außergewöhnlichen dritten Amtszeit gekrönten Parteichef Xi Jinping zu huldigen und damit das Leid von Millionen Menschen außer Acht zu lassen. Scholz’ Begleitung durch deutsche Konzernchefs zeige, dass für Deutschland der Profit weiter über den Menschenrechten stehe. Scholz solle in Peking „wenigstens die Schließung der Konzentrationslager fordern“.
Laut Menschenrechtsorganisationen sind in Xinjiang rund eine Million Menschen in „Umerziehungslager“ gesperrt und zur Zwangsarbeit verdammt. Bei bisherigen Besuchen deutscher Politiker sei es ihm nicht einmal gelungen, etwas über den Verbleib der eigenen Geschwister herauszufinden, kritisierte Isa.
Andere Menschenrechtsvertreter argumentierten gemäßigter. So sprachen sich Wenzel Michalski von Human Rights Watch (HRW) und Hanno Schedler von der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) nicht grundsätzlich gegen Scholz’ Reise aus. Sie mache aber nur dann Sinn, wenn er deutlich Menschenrechtsverletzungen anspreche. „Wir fordern, dass das Thema der Menschenrechte bei der Reise so wichtig ist wie die Wirtschaft“, sagte Michalski. Längst sei auch den Wirtschaftsverbänden klar, dass die Fomel „Wandel durch Handel“ gescheitert sei.
Reise nicht mit europäischen Partnern abgestimmt
Schedler kritisierte, dass Scholz die Reise nicht mit europäischen Partnern abgestimmt habe: „Nur abgestimmt kann man in China Menschenrechte sinnvoll vertreten.“ Sabine Ferenschild vom Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene verwies auf die Intransparenz in Chinas Baumwollproduktion.
In Xinjiang, wo bis zu 85 Prozent der chinesischen Baumwolle produziert wird, sei Zwangsarbeit verbreitet. „Man kann davon ausgehen, dass sich bei keiner Lieferkette aus Xinjiang Zwangsarbeit ausschließen lasse,“ so Ferenschild. Schedler sagte, der VW-Konzern könne sich bei seinem Werk in Xinjiang nicht mehr rausreden, dass er zur Frage der Zwangsarbeit den Aussagen seiner chinesischen Partner vertraue.
Die Menschenrechtsvertreter waren Gast der Bundespressekonferenz in Berlin, einem Verein von Journalist:innen. Vorstandsmitglied Ute Welty, die moderierte, äußerte zu Beginn „das Erstaunen“ des Vorstands, dass Chinas Botschaft sich zuvor an den regierungsunabhängigen Presseclub gewandt habe. Details zur chinesischen Intervention nannte sie aber nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“