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Vonovia fliegt aus WohnungsbündnisNur auf den ersten Blick konsequent

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Der Senat baut das Wohnungsbündnis um. Eine mutige Reaktion auf Vonovias Verfehlungen ist das dennoch nicht.

Keine Politik für Mieter:innen: Kai Wegner und Christian Gaebler Foto: dpa

D ass Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) Vonovia aus dem Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen schmeißen, hört sich an wie ein mutiger Schritt. Endlich reagiert der Senat auf die wiederholten Verstöße des Konzerns gegen Verabredungen des Bündnisses und seine systematischen Angriffe auf den Mietspiegel. Könnte man meinen.

Nun ist es tatsächlich konsequent, wenn Vonovia nicht mehr Teil dieses Bündnisses ist, mit dem der Senat private Ver­mie­te­r:in­nen zum konstruktiven Mittun bei der Wohnungspolitik und freiwilliger Zurückhaltung bei ihrer Mietenpolitik bewegen wollte. Das hat zwar schon von Beginn an nicht geklappt, aber zuletzt hat Deutschlands größter Immobilienkonzern den Bogen mehr als überspannt. Flächendeckend forderte Vonovia Mieterhöhungen um die gesetzlich möglichen 15 Prozent, obwohl man sich im Bündnis darauf geeinigt hatte, dass diese maximal 11 Prozent betragen sollten.

Die noch größere Provokation ist jedoch, dass Vonovia mit den erfundenen und im Mietspiegel nicht vorgesehenen Merkmalen gute ÖPNV- und Nahversorgungsanbindung versucht, die Erhöhungsspielräume auszuweiten, und das bis heute fortsetzt, obwohl sich bislang schon elfmal Amtsgerichte dagegen gestellt haben. Die offensichtlich rechtswidrige Praxis scheint man fortsetzen zu wollen, bis ein Landgericht mit einer generell gültigen Entscheidung dem einen Riegel vorschiebt.

Dass der Senat hier konsequent reagiert hätte, lässt sich nicht behaupten. Weder wurde Vonovia öffentlich gerügt und aufgefordert, diese Mieterhöhungen zurückzunehmen, noch wurden die Mie­te­r:in­nen flächendeckend informiert, dass sie dagegen vorgehen können. Von einem ernsten Versuch der Sanktionierung, etwa durch Einschalten der Mietpreisprüfstelle ganz zu schweigen. Stattdessen also der Ausschluss aus dem Bündnis.

Nur: Der hatte sich bereits im Oktober angedeutet nach dessen bislang letzten Treffen. Schon damals wurden Überlegungen bekannt, das Bündnis, in dem Vonovia eh schon der letzte verbliebene private Akteur war, zu einem reinen Verbändebündnis zu machen. Ein halbes Jahr später passiert nun genau das.

Wohlwollend darf man das dem Senat als Reaktion auf die Konzernpolitik auslegen, faktisch aber ist es nur ein Symbol – und bringt den leidgeplagten Mie­te­r:in­nen nichts. Fast schon ein Treppenwitz ist es dann, wenn Vonovia-Chef Rolf Buch als Mitglied des Vermieterverbandes BBU beim nächsten Treffen im Mai voraussichtlich doch wieder mit am Tisch sitzt.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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1 Kommentar

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  • gegen so etwas hilft nur die vergesellschaftung börsennotierter wohnungsunternehmen.