Von Leipzig-Halle nach Afghanistan: Wieder Abschiebungen nach Kabul
Am Dienstagabend startete von Leipzig aus der jüngste Abschiebeflug nach Afghanistan. Mit an Bord: ein sächsischer Asylbewerber.
Erstmals ist auch ein afghanischer Asylbewerber aus Sachsen abgeschoben worden. Nach Angaben des Sächsischen Innenministeriums ist der Mann wegen schwerer Körperverletzung verurteilt.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) stellte sich hinter die Abschiebungen, nannte sie „notwendig und vertretbar“. Neben Sachsen beteiligten sich sechs weitere Bundesländer an der Abschiebung. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und die Flüchtlingsräte der Länder verurteilten das Vorgehen.
Nach dem massiven Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai mit rund 150 Toten hatten Bund und Länder die Abschiebung nach Afghanistan Anfang Juni vorübergehend ausgesetzt. Die Regelung galt jedoch nicht für „Straftäter, Gefährder sowie Personen, die hartnäckig die Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern“. Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage mit, dass alle Abgeschobenen zu einer dieser Gruppen zählten.
Abschiebungen bleiben umstritten
Der Bayerische Flüchtlingsrat verwies in seiner Stellungnahme darauf, wie schnell man in eine der Kategorien fallen könne: „Als Straftäter gilt, wer zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt wurde – dafür reicht schon Schwarzfahren oder Ladendiebstahl.“ Als hartnäckige Identitätsverweigerer würden bereits Personen eingestuft, die einmal gegen ihre Mitwirkungspflicht an ihrer Identitätsklärung verstießen.
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Die Abschiebung nach Afghanistan ist umstritten. Allein vergangene Woche sind knapp 250 Zivilisten und Sicherheitskräfte bei Anschlägen im Land ums Leben gekommen. Das Bundesverkehrsministerium warnt vor Abflug vom und Landung auf dem Kabuler Flughafen. Die Länder Thüringen und Bremen erklärten Anfang dieser Woche, sich an der Abschiebung nach Afghanistan vorerst nicht mehr zu beteiligen.
Rund 150 Menschen hatten am Dienstag am Flughafen Leipzig-Halle gegen die Sammelabschiebung demonstriert. Etwa hundert von ihnen warteten bis in die Abendstunden auf die Fahrzeuge mit den abgelehnten Asylbewerbern.
Es gelang ihnen jedoch nicht, die Afghanen bis zum Abflug zu begleiten. Der genaue Abflugzeitpunkt und der Flugsteig blieben unbekannt. Wohl auch um größere Blockaden zu verhindern, hatten die Innenministerien von Bund und Ländern vorab keine Informationen zum Flug bekanntgegeben.
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