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Von Berlin zur Budapest PrideLegal, illegal, egal

Berliner Ak­ti­vis­t*in­nen fahren an diesem Donnerstag zur Budapest Pride, um die Queers in Ungarn zu unterstützen. Das ist nicht ohne Risiken.

Demo vor der ungarischen Botschaft in Berlin gegen das Pride-Verbot Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin taz | Rund 80 Ak­ti­vis­t*in­nen wollen sich an diesem Wochenende auf den Weg von Berlin zur Budapester Pride machen, um die Leute vor Ort zu unterstützen. Organisiert wird die Fahrt vom Solibus-Berlin und der Freien-Ungarischen-Botschaft, einer Initiative von Exil-Ungar*innen, die sich für einen demokratischen Rechtsstaat in ihrem Herkunftsland einsetzen. „Wir machen hier nichts Verbotenes“, betont Mitorganisatorin Era Trammer bei einer Infoveranstaltung in der Regenbogen­fabrik im Vorfeld.

In Ungarn ist die ­Teilnahme an der Pride illegal. Der ­Budapester ­Oberbürgermeister, Gergely ­Karácsony, stellte jedoch zwei Tage nach dem offiziellen Verbot durch den ungarischen Minister­präsidenten ­Viktor Orbán klar: „Tragt euch den 28. Juni rot in den Kalender ein, die 30. Budapester Pride wird ­stattfinden.“

Orbán und seine Fidesz Partei wollen alles nicht Heteronormative aus der Öffentlichkeit verbannen. Was sich bereits durch das 2021 eingetretene „Kinderschutzgesetz“ abzeichnete, verschärfte sich im März dieses Jahres durch die Aufnahme vorangegangener Anti-LGBTIQ-Gesetze in die Verfassung. Verboten werden könne die Pride jedoch nicht, da es sich um eine städtische Veranstaltung handelt, meint Karácsony und lädt international nach Budapest ein.

Diesem Aufruf folgen nicht nur mehrere EU-Abgeordnete, sondern auch die Berliner Aktivist*innen. Die Sorge in der Szene ist groß, wie die Infoveranstaltung zeigt: „Was erwartet mich, wenn ich als Transperson an der Pride teilnehme?“, fragt eine Person im Publikum, „verstoße ich damit schon gegen das Gesetz?“ Eine richtige Antwort haben die Ver­an­stal­te­r*in­nen auf diese Frage nicht, man befindet sich in einer rechtlichen Grauzone, heißt es.

Es drohen hohe Geldstrafen

Denn eigentlich verstößt die ungarische Verfassungsänderung gegen EU-Recht. Hinzu kommt, dass die Bestimmungen so vage sind, dass man kaum weiß, ab wann man laut der Fidesz-Regierung „das Wohl der Kinder durch Homosexualität gefährdet“. „Das ist durchaus beabsichtigt“, sagt Organisatorin Era Trammer. Die Bevölkerung solle aus Angst vor Repressionen an der Teilnahme von queeren Veranstaltungen abgehalten werden.

Dass die deutschen Ak­ti­vis­t*in­nen wegen ihrer Teilnahme an der Parade verhaftet werden, halten die Ver­tre­te­r*in­nen der Freien-Ungarischen-Botschaft für unwahrscheinlich. Jedoch müsse damit gerechnet werden, eine Geldstrafe in Höhe von 200.0000 Forint – umgerechnet rund 500 Euro – auferlegt zu bekommen. Außerdem wird die gesamte Veranstaltung durch eine Gesichtserkennungssoftware videoüberwacht. Eine FFP2-Maske zum Schutz sollte dennoch nicht getragen werden, heißt es von den Veranstalter*innen. Denn die gilt in Ungarn auf Demonstrationen als Vermummung und kann im schlimmsten Fall zu einer Inhaftierung führen.

Das alles schreckt die Ber­li­ne­r*in­nen jedoch nicht ab, wegen der hohen Nachfrage wurde sogar ein zweiter Bus organisiert. 50 Euro kostet die Fahrt von Donnerstag bis Sonntag nach Budapest.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Bus aus Berlin auf den Weg zur Budapest Pride macht. Bereits 2009 fuhren mehrere Berliner Ak­ti­vis­t*in­nen zur Pride in die ungarische Hauptstadt, nachdem Rechtsradikale die Parade ein Jahr zuvor mit Brandsätzen attackiert hatten.

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