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Vom Tüftler zum Unternehmer

■ Wie ein Heimwerker zum Hersteller von Wasserturbinen wurde und aus der Firma jetzt eine Aktiengesellschaft macht. "Allein in Baden-Württemberg könnte man 30.000 Anlagen bauen."

Im Dorf wurde nur gespottet: „Jetzt kommt so ein junger Physik- Student daher, und möchte dem Badenwerk Konkurrenz machen.“ Das war Ende der 70er Jahre. In der Schwarzwaldgemeinde Simonswald, 30 Kilometer von Freiburg entfernt, hatte Manfred Volk auf dem eigenen Hof zusammen mit seinem Vater eine kleine Wasserkraftanlage errichtet – und das Haus damit erstmals in den Genuß elektrischen Stroms gebracht. Denn bis an das Ende des abgelegenen Tals in fast 900 Metern Höhe war die Elektrifizierung noch nicht vorgestoßen.

Für den jungen Bastler war die Wasserkraftanlage zugleich auch Ausdruck seiner Überzeugung: Der Widerstand gegen das Atomkraftwerk Wyhl, das zu diesem Zeitpunkt noch drohte gebaut zu werden, hatte Manfred Volk geprägt. Weil ihn die Wasserkraft faszinierte und er bald auch einen Markt erkannte, gründete Volk 1979 die Firma WKV – „Wasserkraft Volk“. Nebenberuflich produzierte er von nun an im Keller seines Hauses kleine Wasserturbinen, die er in der Region verkaufte. Parallel dazu beendete er seine Ausbildung zum Physik-Lehrer und trat in den Schuldienst ein. Eine Halbzeitstelle gab ihm die finanzielle Sicherheit, die er für sein unternehmerisches Engagement gut brauchen konnte.

Das Geschäft begann zu laufen. 1985 zog der Physiker das erste Auslandsprojekt an Land: Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit erteilte dem Simonswälder Unternehmen den Auftrag, in Peru eine Kleinwasserkraftanlage zu planen und zu bauen. Das war der Zeitpunkt, als Volk erkannte, daß eine nebenberufliche Tätigkeit für sein Unternehmen in Zukunft nicht mehr ausreichen werde. Er kündigte seine Stelle beim Staat, belastete für das Startkapital das alte Bauernhaus und wandelte seine Firma in eine GmbH um. Mit Krediten hangelte er sich nun von Auftrag zu Auftrag, bis das Geschäft immer besser zu laufen begann. Volk fand Zugang zu den Märkten in Übersee: Namibia, Komoren, Indonesien, Papua Neuguinea. Bald vergaben die Vereinten Nationen Millionenaufträge in das Schwarzwalddorf. Nur im eigenen Land stieß der Tüftler vielerorts auf Desinteresse. Als er beim Bonner Forschungsministerium um Fördermittel nachsuchte, wurde er abgewiesen. Bei der Wasserkraft gebe es nichts mehr zu erforschen, beschied man ihm. Die Technik sei schließlich altbekannt.

Auch der Markt im Inland, klagt der Unternehmer, werde von den Behörden systematisch kaputtgemacht: „Hier geht unser Absatz gegen Null.“ Wer ein Wasserkraftwerk in Betrieb nehmen wolle, müsse oft zehn Jahre auf die Genehmigung warten – selbst wenn es nur darum geht, ein historisches Werk zu reaktivieren. Und sogar an betonierten Gewerbekanälen wartet man auf die Genehmigung mitunter ein ganzes Jahrzehnt. „Allein in Baden-Württemberg könnte man 30.000 Anlagen bauen“, hat Volk errechnet.

Doch der Unternehmer ist überzeugt, daß die derzeit noch herrschende Blockade in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren brechen wird. Dann, wenn endlich eine stabile politische Mehrheit das Stromeinspeisungsgesetz stützt, das die Stromversorger verpflichtet, auch für Strom aus Wasserkraft eine Mindestvergütung zu bezahlen. Ernsthafte Zweifel an einem Fortbestand des Gesetzes gibt es zwar derzeit nicht, doch eine Verunsicherungsstrategie der Stromversorger hat bereits einige Investoren ernsthaft abgeschreckt.

Und weil Volk überzeugt ist, daß der Wasserkraft die Zukunft gehört, tat er im vergangenen Herbst den nächsten Schritt: Aus der GmbH, die zwischenzeitlich auf 18 Mitarbeiter angewachsen war, wurde eine Aktiengesellschaft. Zugleich reiften die Pläne, in Bleibach im Landkreis Emmendingen, zehn Kilometer vom heutigen Werk entfernt, eine neue Produktionsstätte zu errichten. Ein Gelände, 7.000 Quadratmeter groß, hat die Gemeinde schon bereitgestellt, jetzt wartet Volk auf die Baugenehmigung und vor allem auf die wasserrechtliche Genehmigung. Denn Volk möchte in dem neuen Werk an der Elz mit zwei Wasserturbinen den gesamten Energiebedarf der Firma mit Wasserkraft decken. Überschüssigen Strom will er ins Netz des Badenwerks einspeisen.

Aber schon wieder wirft man dem Unternehmer Knüppel zwischen die Beine. Mit 315 Kilowatt will er sein Werk versorgen, doch es könnte ihm passieren, daß er nur 150 Kilowatt genehmigt bekommt. „Das reicht uns nicht“, sagt Volk, für den es ein Ausdruck „glaubwürdigen Managements“ ist, die Wasserkraftanlagen mit Wasserkraft zu produzieren. Mehr als 100 neue Arbeitsplätze werde er in dem neuen Werk schaffen – in einer so ländlichen Gegend wie im Simonswälder Tal ist das ein ganz erheblicher Wirtschaftsfaktor. Was für den Tüftler aber mindestens ebenso wichtig ist: „Wir werden mit unseren Wasserkraftwerken Atomkraftwerke ersetzen.“ Bernward Janzing

Der Beteiligungsprospekt kann angefordert werden bei: Wasserkraft Volk AG, Gefäll 45, 79263 Simonswald, Tel. (07683) 844, Fax (07683) 805.

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