Vom Atomkonzern zur Atomaufsicht: Bedenken gegen Atomkontrolleur
Die Deutsche Umwelthilfe fordert die Bundesregierung auf, die Berufung eines Ex-Eon-Managers zum staatlichen Atomaufseher rückgängig zu machen.
BERLIN taz | Gegen die Berufung des ehemaligen Eon-Managers Gerald Hennenhöfer zum Atomaufseher des Bundes erhebt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) rechtliche Bedenken. Hennenhöfer hatte in der Vergangenheit durch seine Tätigkeit bei Eon (früher Viag) Atomkraftwerksbetreiber gegenüber dem Bund vertreten, unter anderem bei der Verhandlung des Atomausstieges vor neun Jahren. Anfang Dezember dieses Jahres hat Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) ihn zum Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit berufen. "Gerald Hennenhöfer ist wegen seiner früheren Tätigkeit für Atomkraftwerksbetreiber für alle amtlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der deutschen Atomkraftwerke verbrannt", sagt DUH-Geschäftsführer Rainer Baake.
In einem Schreiben an die Bundesregierung, das der taz vorliegt, bezieht sich die Umwelthilfe in ihrer Argumentation auf Paragraf 20 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Demnach darf für eine Behörde in einem Verwaltungsverfahren nicht tätig werden, "wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist". Baake forderte daher Röttgen auf, die umstrittene Personalie rückgängig zu machen.
Das weist das Umweltministerium in einem Antwortschreiben zurück, das der taz ebenfalls vorliegt. "Die Mitwirkung von Herrn Hennenhöfer am sogenannten ,Atomkonsens' vom 14. 6. 2000 begründet keine allgemeine Befangenheit für die Tätigkeit als für Reaktorsicherheit zuständiger Abteilungsleiter", heißt es darin. Denn die Anwendung von Rechtsvorschriften aus dem "Atomkonsens" sei nicht mehr dieselbe "Angelegenheit".
Diese Begründung entkräftet nach Meinung der DUH deren Rechtszweifel jedoch nicht. In einer Pressemitteilung heißt es deshalb: "Sollte Röttgen der Aufforderung nicht nachkommen, seien alle künftig unter Mitwirkung von Herrn Hennenhöfer getroffenen Entscheidungen in diesem Zusammenhang rechtswidrig." Betroffene könnten sie dann unter Berufung auf das Verwaltungsverfahrensgesetz erfolgreich vor Gericht anfechten.
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