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Volkswagen in den USAWolfsburger Kniefall vor Trump

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

VW klammert die USA-Töchter aus dem „Diversity-Index“ aus. Das folgt Geschäftsinteressen, aber Europa kann nur mit seinen Werten überleben.

Volkswagens ID.3 im Werk Dresden Foto: Matthias Schrader/ap

D iversität ist fester Bestandteil der Unternehmens-DNA“ und „Ohne Diversität würde die Volkswagen Group stillstehen – kein Wunder bei rund 680.000 Beschäftigten und über 150 Märkten weltweit“: Mit diesen Worten rühmt sich VW, einer der weltgrößten Autokonzerne.

Bislang wirken sich deshalb der Anteil von Frauen in ­Führungspositionen oder die Inklusion von gesellschaftlichen Gruppen auf den hauseigenen „Diversity-Index“ aus. Dieser wird jährlich berechnet, um Entwicklungen zu steuern; auch die Boni der Manager hängen davon ab. Die Zahlen der VW-Töchter in den USA sollen nun nicht mehr für den konzernweiten Index zählen. Vielfalt ist den Managern aus Wolfsburg jetzt für ihre Geschäfte in den USA schnurz.

Das müsse „aus regulatorischen Gründen“ jetzt so sein. Tatsächlich ist es ein Kniefall vor US-Präsident Trump – und vor dessen Hetze gegen diversity, equity, and inclusion (DEI). DEI hat Amerika in den letzten Jahren diverser gemacht – und wird gerade von Trumps Regierung gnadenlos geschreddert.

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Es ist derzeit nicht leicht, in den USA Geschäfte zu machen. Auch Profite sind politisch geworden. Und menschenverachtender. US-Botschaften haben in mehreren europäischen Ländern Unternehmen per Brief aufgefordert, ihre Diversitätsprogramme zu beenden. Der deutsche Softwarekonzern SAP ist bereits eingeknickt und hat in den USA seine Frauenquote gestrichen. Damit reihte sich Konzernchef Christian Klein in die Reihe von Donald Trumps Speichelleckern ein.

Aber: Europa kann nur mit seinen Werten überleben. Ob strikte Umweltgesetzgebung, harter Datenschutz, saubere Lieferketten oder Menschenrechte: Wenn die EU es nicht schafft, ihre Wertanschauungen als ­Wettbewerbsvorteil zu nutzen, hat sie gegen Autokraten wie Trump oder Xi ­Jinping verloren. Das sollte auch dem zweitgrößten Anteilseigner von Volkswagen bewusst sein: Niedersachsen stellt zwei Mitglieder mit viel Macht im VW-Aufsichtsrat. Im Land regiert eine rot-grüne Koalition, die jetzt einen Weg finden muss, Europas Prinzipien auch bei Volkswagen zu schützen.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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5 Kommentare

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  • "Aber: Europa kann nur mit seinen Werten überleben. "

    Werte kann man nicht essen, die bezahlen auch keine Mieten oder Dividenden. Beides ist aber notwendig damit Menschen und Firmen überleben können. Man kann natürlich für edle Prinzipien verhungern, aber das sollte eine individuelle Entscheidung sein und jedem freigestellt werden.

  • Die Fake-Diversity-Programme bei VW waren doch so Nachhaltig wie deren Engagement für den Klimaschutz.

  • "Ohne Diversität würde die Volkswagen Group stillstehen". Ich gebe VW noch maximal ein Jahr, dann wird der Konzern mangels Diversität stillstehen und keine Autos mehr verkaufen. Genau wie SAP mangels Diversität jetzt dem Untergang geweiht ist. Schade, denn das waren mal deutsche Vorzeigeunternehmen ...

    • @Winnetaz:

      Das wird ganz sicher nicht passieren! Wenn man mal aus seiner eigenen Blase ausbricht, wird man feststellen, dass es 99% der Leute völlig egal ist ob z.B. VW irgendwelche Diversitätskriterien erfüllt oder nicht. Ich kaufe ein Produkt und keine Weltanschauung.

  • Als schwuler Mann war ich schon immer skeptisch bei so manchen Personen oder Unternehmen, die mit dem Zeitgeist gehen und dorthin, wo zu einer bestimmten Zeit gerade Geld zu machen oder Anerkennung oder Aufmerksamkeit zu erhaschen ist. Die spielen mal in der Maske der Verbündeten und werfen dich morgen unter den nächsten Bus. In schwierigen Zeiten sich zu bewähren schafft Vertrauen. Dazu langts bei viel zu vielen nicht. Und so bleibt das Eis dünn und der Schoß fruchtbar. Ich brauche da gar nicht in Trumps USA zu schauen, obwohl ich die Entwicklungen dort wie anderswo im Blick behalte. Ein illusionsloser Blick ins eigene Land erwärmt auch nicht gerade mein Herz.