Vietnamesischer Autohersteller Vinfast: Nationales Prestigeobjekt

Der vietnamesische Autohersteller Vinfast möchte auch in Deutschland produzieren. Medien berichten allerdings von Rekordverlusten 2021.

Fabrikhalle mit Fließband auf dem Arbeiter an Autos werkeln

Juni 2019: Zur Eröffnung des Vinfast-Werks in Haiphong in Vietnam wird das Fließband vorgeführt Foto: Kham/reuters

Seit der vietnamesische Autohersteller Vinfast Anfang Januar erklärt hat, auf der Suche nach einem Produktions- und Entwicklungsstandort für seine Elektroautos in Deutschland, „der größten europäischen Volkswirtschaft“, zu sein, spekulieren Medien, wo das denn sein könnte. Die Ostsee-Zeitung will von einem infrage kommenden Grundstück in Mecklenburg-Vorpommern gehört haben. Die Berliner Zeitung zitiert den Sprecher der Berliner Wirtschaftsförderungsagentur Berlin Partner, Lukas Breitenbach, mit einem kurzen und eindeutigen Ja auf die Frage, ob die Hauptstadt an der Ansiedlung des vietnamesischen Autobauers interessiert sei.

Dabei bringt er sogar einen konkreten Standort im CleanTech Business Park in Marzahn ins Gespräch. Auch über die Übernahme des Opel-Werkes in Eisenach in Thüringen spekulieren mehrere Medien. Offiziell bestätigt werden Verhandlungen allerdings an keinem dieser Standorte. Das Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern sagt der taz, dass über laufende Verhandlungen prinzipiell keine Auskünfte gegeben werden.

„Das Land ist im Gespräch mit vielen Investoren für verschiedenste Projekte. Entscheidend ist dabei die Vertraulichkeit, die auch von Investoren erwartet wird.“ Allerdings: Dass es Verhandlungen irgendwo in Deutschland gibt, bestätigt die Wirtschaftsförderungsagentur des Bundes, GTAI, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Sie unterstützt Vinfast bei der Standortsuche.

Seit 2019 produziert der noch junge Autohersteller Vinfast in seinem Stammwerk im nordvietnamesischen Haiphong Benzinautos für den einheimischen Markt, auch mit technologischer Hilfe aus Deutschland und Österreich. Von diesen Modellen möchte er sich jedoch Ende 2022 trennen und nur noch E-Autos produzieren. Die wenigen ersten davon rollten in Vietnam bereits vom Band. Auf der Technologiemesse CES in Las Vegas stellte das Unternehmen nach eigenen Angaben fünf verschiedene E-Modelle vor.

„Unter den Produktionskosten verkauft“

Das wundert, wenn man die Wirtschaftszahlen liest, die staatliche vietnamesische Medien veröffentlichen. So berichtet die Zeitung vietnambusinessinsider von einem Rekordverlust im ersten Halbjahr 2021 in Höhe von 491,3 Millionen US-Dollar, der doppelt so hoch läge wie ein Jahr zuvor. Die Onlinezeitung Vietnamnet berichtete bereits für 2019 von großen Verlusten des Unternehmens, weil es „immer noch Autos unter den Produktionskosten verkauft“.

Vinfast selbst ließ eine taz-Anfrage dazu unbeantwortet. Vietnambusinessinsider fragt, „wie Vinfast da mit globalen Giganten wie Tesla und Volkswagen konkurrieren will.“ 2020 hatte Vinfast vietnamesischen Medienberichten zufolge 30.000 Autos verkauft und damit das Jahresziel von 250.000 glatt verfehlt. Ist der vietnamesische Markt einfach zu klein für einen Autobauer?, fragen vietnamesische Medien.

Liegt es an der Qualität?

Oder liegt es möglicherweise an der Qualität der Fahrzeuge? Dazu gibt es sehr unterschiedliche Informationen. Viele Vietnamesen loben sie in den sozialen Netzwerken. Für sie hat es mit Nationalstolz zu tun, dass ihr Heimatland jetzt das Prestigeobjekt Auto produziert. Das Design der Modelle ist durchaus ansprechend, die Garantiezeit mit zehn Jahren unschlagbar. Die Reichweite der Batterien ist mit offiziell rund 500 Kilometern bescheiden. Berichten vietnamesischer Käufer zufolge soll sie sich bei eingeschalteter Klimaanlage verringern. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass es negative Bewertungen der Produkte des zwar privaten, aber für die vietnamesische Regierung sehr wichtigen Unternehmens schwer haben, in Vietnam in die Öffentlichkeit zu kommen.

Letztes Jahr sah sich ein einflussreicher Blogger in Vietnam mit einer Anzeige des Herstellers wegen „unwahrer Aussagen, die die Reputation des Unternehmens beeinträchtigen können“, konfrontiert. Der Blogger hatte berichtet, dass an seinem Fahrzeug beispielsweise Türen und Kofferraum undicht und die Blinker fehlanfällig seien. Vinfast gibt es seit 2017. Es ist ein Tochterunternehmen der 1993 gegründeten Vingroup. Deren Gründer Pham Nhat Vuong hatte einst mit dem Verkauf von Nudelsuppen begonnen und sich zum vermutlich reichsten Vietnamesen hochgearbeitet.

Wichtige Sparte Elektroroller

Eine wichtige Sparte heute sind Elektroroller. In Vietnam müssen bei Rollern und E-Autos die Batterien zusätzlich zum Kaufpreis gemietet werden. Die Mietpreise richten sich nach dem Fahraufkommen. In sozialen Netzwerken wird berichtet, dass säumigen Mietzahlern die ferngesteuerte Batterie von Fahrzeugen schon abgeschaltet wurde, sodass sie mitten auf der Straße stehen blieben. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es nicht, Vinfast ließ auch diese taz-Frage unbeantwortet.

Wo auch immer Vinfast in Deutschland ein Werk errichten wird, es bleibt spannend, wie das Unternehmen mit den Einwänden von Bürgern und Umweltverbänden umgeht, die bei jeder großen Industrieansiedlung so sicher kommen wie das Amen in der Kirche. Anders als in Vietnam kann Vinfast nicht damit rechnen, dass kritische Bürger festgenommen oder ­Umweltverbände zensiert werden.

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