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Viertelfinal-Aus in Champions LeagueFür den FC Bayern nicht ausreichend

Der deutsche Meister FC Bayern scheitert im Viertelfinale der Champions League. Weil er nicht wettbewerbsfähig ist, fordert der Trainer Neuzugänge.

Sagen Sie jetzt nichts! Thomas Müller und Robert Lewandowski ohne Worte über das Viertelfinal-Aus Foto: Angelika Warmuth/dpa

MÜNCHEN taz | Julian Nagelsmann schläft grundsätzlich gut, auch nach aufreibenden oder misslungenen Spielen. Das hat der Trainer des FC Bayern einmal erzählt. Ob dies nun auf die Nacht nach „einer seiner drei bittersten Niederlagen“ in seiner Karriere zutrifft, ist nicht bekannt. Aber es wäre nicht verwunderlich, wenn das Viertelfinal-Aus in der Champions League nach dem 1:1 im Rückspiel gegen den FC Villarreal dem 34-Jährigen den Schlaf geraubt hätte.

Die Bayern sind ja nicht wie im vergangenen Jahr an einem Klub aus der europäischen Beletage gescheitert, sondern an einem Kleinstadtverein ohne große Stars, an einem Außenseiter. Sie haben es nach der desolaten Leistung beim 0:1 im Hinspiel am Dienstagabend zwar besser gemacht, waren aggressiver, aber es war keineswegs „eines der besten Spiele der vergangenen Monate“, wie Nagelsmann erklärte.

Ohne Esprit

Auch dieses Mal fehlte der Esprit und die Präzision, um mehr als das Tor von Robert Lewandowski zu erzielen. Und es unterlief den Münchnern nach 88 Minuten, in denen sie defensiv taktisch clever agiert hatten, doch noch ein Patzer, der zum 1:1 führte. Ein sonst selten sprachloser Thomas Müller rang um Worte, als er kurz nach Schlusspfiff vor die Kameras trat: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

Für eine Fehleranalyse war es an diesem Abend vielleicht auch noch zu früh, wobei sich das Scheitern angekündigt hatte. Nicht erst im Hinspiel, schon davor. Und genau betrachtet eigentlich schon nach dem Champions-League-Triumph in Lissabon 2020. Seitdem verloren die Münchner mit Thiago, David Alaba und Jérôme Boateng gleich drei Schlüsselspieler sowie mit Ivan Perišić und Coutinho zwei Profis, die das Niveau auf der Ersatzbank hoben. Bekommen haben sie viel Durchschnitt und lediglich einen Spieler, der die Mannschaft aktuell besser machen kann: Leroy Sané.

Nagelsmann dürfte im Laufe seines ersten Bayern-Jahrs klar geworden sein, dass er mit diesem Kader die Erwartungen des Vereins kaum erfüllen kann. „Das Halbfinale ist ja immer so das Minimalziel“, weiß er. Neben der Meisterschaft, versteht sich. Er hat sich lange zurückgehalten mit Forderungen nach neuen Spielern. Wenn der Anspruch immer der gleiche bleibe, sagte Nagelsmann am Dienstag, „werden wir uns umschauen müssen“ auf dem Transfermarkt. Zumal einige Personalfragen noch ungeklärt sind.

Zeit für eine Zäsur

Dass sich die Verhandlungen mit Robert Lewandowski, Thomas Müller und Serge Gnabry über die Verlängerung ihrer 2023 auslaufenden Verträge hinziehen, die Zukunft der drei Spieler in der entscheidenden Saisonphase immer noch ungeklärt ist, zeugt nicht von großer Weitsicht. Die Münchner stehen also vor einer Zäsur.

Sie wollen und sie können nicht mithalten mit dem Finanzgebaren anderer europäischer Topklubs, zumal sie bei einigen Gehaltsforderungen schon über ihre Grenze gingen, gehen mussten, weil das fürstliche Salär, mit dem sie Leroy Sané und Lucas Hernández ausgestattet hatten, das Gefüge sprengte – und bei den Teamkollegen Begehrlichkeiten weckte. Da bleibt nicht viel Spielraum für teure Neuverpflichtungen.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“

Thomas Müller, FC Bayern

Nagelsmann wird nicht nur daran gemessen werden, wie er den Umbruch moderiert, sondern vor allem, wie gut seine Ergebnisse sind. Er hat in seinem ersten Jahr viel richtig gemacht, aber beileibe nicht alles. Dass er es nicht geschafft hat, Stabilität in die Mannschaft zu bringen, mag schon auch mit den vielen Ausfällen zu tun haben. Doch er hat viel experimentiert mit dem System, vielleicht zu viel.

Er weiß, dass die Bewertung seines Jobs und die der Saison „auch ein bisschen davon abhängt, wie wir die Meisterschaft gestalten“. Ob die Bayern souverän den großen Vorsprung verteidigen und auch noch Verfolger Borussia Dortmund im Prestige-Duell in eineinhalb Wochen bezwingen. Damit hätte Nagelsmann ein ähnliches Ergebnis wie Hansi Flick im vergangenen Jahr geschafft. „Aber das“, weiß er, „ist für Bayern München nicht ausreichend.“

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