Videoüberwachung: Volksbegehren kommt vor Gericht
Der Senat will das Volksbegehren für mehr Videoüberwachung vom Verfassungsgerichtshof prüfen lassen. Die CDU-Fraktion protestiert heftig.
Geht es nach dem rot-rot-grünen Senat, so wird es kein Volksbegehren für Videoüberwachung geben. Die Landesregierung folgte am Dienstag dem Vorschlag von Innensenator Andreas Geisel (SPD): Er hält das Projekt für „rechtlich unzulässig und politisch verfehlt“. Ob es tatsächlich nicht zu dem Volksbegehren kommt, muss nun das Berliner Verfassungsgericht entscheiden. „Der Senat hat Angst vor dem Volk“, kritisierte CDU-Fraktionschef Burkard Dregger.
Senator Geisel hatte bereits Mitte September im Abgeordnetenhaus erklärt, dass das Volksbegehren nicht verfassungsgemäß sei. Seine Verwaltung hatte die Frage der Zulässigkeit zuvor gut sechs Monate lang geprüft – zu lang nach Ansicht von Kritikern, darunter auch der Verein „Mehr Demokratie“. Am 19. Februar hatte die Initiative „Sicherheit in Berlin“ über 25.000 Unterstützerunterschriften eingereicht, von denen die Innenverwaltung am 21. März 21.028 für gültig erklärte. Führende Köpfe der Initiative sind Neuköllns Exbürgermeister Heinz Buschkowsky und der CDU-Bundestagsabgeordnete und Exsenator Thomas Heilmann.
Der Senat begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Orte, die nach Willen der Initiative per Video zu überwachen sind, im Gesetzentwurf des Volksbegehrens „nur vage“ beschrieben seien. Nach seiner Auslegung fielen darunter auch Eingangsbereiche von Krankenhäusern, Schulen, Kitas oder Kaufhäusern. Dadurch wäre aus Senatssicht eine „unüberschaubare Anzahl von Personen“ betroffen, was unverhältnismäßig sei. Heilmann hingegen sagte der taz: „Die Begründung, die möglichen Einsatzorte für Videoaufklärung seien nicht zureichend eingegrenzt, ist schlichtweg falsch.“
Die CDU reagierte mit einem heftigen Angriff auf den Innensenator: „Geisel ist zum sicherheitspolitischen Hampelmann von Linken und Grünen geworden“, sagte Fraktionschef Dregger. CDU-Generalsekretär Stefan Evers hielt ihm „Taschenspielertricks“ vor, um einen Volksentscheid zu verhindern: Es ist für ihn nicht nachvollziehbar, warum der Einsatz von Videoaufklärung in allen anderen Bundesländern und bei der BVG erlaubt sei, ausgerechnet auf dem Alexanderplatz aber verfassungswidrig sein soll. Videos der BVG haben mehrfach dazu beigetragen, brutale Taten in U-Bahnhöfen aufzuklären, bei denen etwa eine Frau die Treppe hinuntergestoßen oder ein Obdachloser angezündet wurde.
Die Grünen hingegen begrüßten die Haltung des von ihnen mitgetragenen Senats. „Ginge es nach Heilmann und Co, könnten sich Bürgerinnen und Bürger in Berlin nicht mehr durch die Stadt bewegen, ohne von der polizeilichen Videoüberwachung erfasst zu werden“, sagte ihr Landesvorsitzender Werner Graf, „das ist ein massiver Eingriff in die Freiheit der Berlinerinnen und Berliner.“ Graf setzt stattdessen auf mehr Polizei auf den Straßen: „Am Kottbusser Tor zeigt sich bereits, dass Polizeipräsenz vor Ort mehr bewirkt als zusätzliche Kameras. Die Kriminalitätszahlen sind dort im letzten Jahr deutlich zurückgegangen.“
Weil das Video-Begehren nun ins Gericht statt in die zweite Unterschriftensammel-Stufe geht, ist ein Volksentscheid parallel zur Europawahl im Mai 2019 nicht mehr möglich. Von der Zusammenlegung beider Termine hatte sich die Heilmann-Buschkowsky-Initiative eine größere Beteiligung erhofft: Ein Volksentscheid braucht nicht eine einfache Mehrheit, sondern die Unterstützung von mindestens einem Viertel aller Berliner Wahlberechtigten.
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