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Video der WochePanzer und Playstations

Ein gepanzertes Fahrzeug der syrischen Rebellen wird von einer Playstation gesteuert. Das ist nicht die einzige Schnittmenge zwischen Spielzeug und Militär.

Playstation-Controller – Spielzeug oder Waffe? Sowohl als auch Bild: reuters

Ein alter Diesel, in rostige Stahlplatten gehüllt, macht sich auf den Weg in Richtung Aleppo. Auf Seiten der Rebellen soll das in Handarbeit gepanzerte Fahrzeug in den syrischen Bürgerkrieg eingreifen.

Eine bemerkenswerte, im Inneren des Fahrzeugs verborgene Besonderheit ist im Video von Russia Today nur kurz zu sehen: Das Maschinengewehr auf dem Dach wird mit einem Playstation-Controller gesteuert.

Playstation im Panzer! Da springt das Herz der Gamer vor Freude. Kaum eine Webseite mit videospielaffinem Publikum hat den Bericht über den Heimwerker-Panzer in der vergangenen Woche nicht gefeatured. Bald zwei Millionen Menschen haben den knapp einminütigen Youtubeclip gesehen. Dabei ist die Verbindung von Videospiel und Kriegsgerät so sensationell nicht. Nicht ganz zufällig (und keineswegs zum ersten Mal) hat die Bundeswehr auf der nächsten Gamescom bereits ihren Stand gebucht.

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Videospiele qualifizieren eben nicht nur in Hollywoodscripten für den Einsatz im großen Gemetzel. Nein, auch im realen Kriegsgeschehen in aller Welt sind die an der Konsole einstudierte Reaktionsfähigkeit, dass räumliche Denken und die strategische Übersicht durchaus gefragt.

Erst im April diesen Jahres kam Idan Yahya in seiner Heimat zu einiger Prominenz, als erfolgreichster Schütze des israelischen Raketenabwehrsystems „Iron Dome“ – und als Videospielfan. Krieg wird eben nicht mehr mit Bajonetten geführt, sondern mit der modernsten verfügbaren Technologie. Dass die ihre spiegelbildlichen Anwendungen auch in Unterhaltungssoftware und -hardware findet, kann kaum überraschen.

Moralischer Trieb

„Das ist traurig“, meinte ein Kollege kürzlich, „der Spieltrieb ist doch eigentlich so etwas ganz Unschuldiges“– und übersah dabei den Kern des Triebes: Er ist nicht schuldig oder unschuldig, er ist da. Moralische Kategorien verpuffen an Trieben, das liegt in ihrer Natur. Sie werden erst durch eine nachträglich den gesellschaftlichen Verhältnissen angepasste Beurteilung in ein Wertesystem eingeordnet. Man besehe sich nur die permanente Debatte um verschiedene Ausprägungen sexuellen Triebverhaltens.

Und ganz nebenbei, wer wollte den logistisch hoffnungslos unterlegenen Rebellen im syrischen Bürgerkrieg ihr gepanzertes Spielzeug verwehren? Ganz moralisch gefragt. Andererseits, wer will sich für deren moralisch saubere Weste verbürgen? Einer aktiven Kriegspartei darf man im Regelfall unbesehen einen eher flexiblen Umgang mit Menschenrechten, mithin der Moral, unterstellen.

Da bleibt nur, den Gamern dieser Welt genug Übersicht und Weisheit zu wünschen, wenn sie entscheiden müssen, wie und für wen sie ihre in Strategie- und Ballerspielen erlernten Fähigkeiten einsetzen. Jedes Mal aufs Neue.

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9 Kommentare

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  • K
    Kaneeda

    Die Bundeswehr ist so ziemlich auf jeder Messe vertreten. So what?

     

    Ansonsten, man sollte keine Artikeln lesen die mit Games zu tun haben. Das kriegen die meisten Zeitungen nicht hin (Abgesehen von der Fachpresse und die auch nicht immer).

  • JM
    Jürgen Mayer

    Eigene Moralvorstellungen, selbige Vorstellungen von Überlegenheit keinen Deut hinterfragend - geschweige denn eine andere Bedeutung von Krieg und Gewalt in Videospielen. Für alle jene die sich selbst eben nicht erheben wollen. Und dabei, wie ich im Oktober am eigenen Leib hier erfahren durfte, jedes andere Denken wiederholt nicht zulassen (wollen). Was für eine Idee von Freiheit ist das eigentlich? Welche Form von Diversität allein, jegliches andere Denken unterdrückend. Immer nur die gleiche "Kritik" ist hier wenn dann durchgesickert zu finden, aber keine anderslautenden Vorwürfe wie ich sie etwa so mitbringe. Ist Theater denn so auch "Spielzeug"? http://almrausch.wordpress.com/2012/10/16/krieg-ist-immer-eine-katastrophe-fur-alle-menschen/

  • S
    smash_what

    Der Artikel ist meiner Meinaunng nach nicht gegen Gamer gerichtet, sondern eher gegen die verzeifelten und moralisch fragwürdigen Anwerbeversuche der Bundeswehr. Ähnlich wie mit dem Bravo-Bootcamp wird hier doch eine junge Zielgruppe angesprochen,die noch leicht formbar ist. Ich weiss, nicht alle Gamer sind zw. 14 und 18 Jahre alt, aber es gibt sie.

     

    Und selbst wenn der Bundeswehrstand auch nur gering besucht wird. Jeden Gamer den sie dort anwerben können ist ein Gewinnn für sie.

     

    Die Bundeswehr soll einfach auf normalen Jobmessen bleiben und sich von Schulen, Jugendmagazinen und Spielemessen fern halten.

     

    Und für den Rest ist dann die ältere Gamer-Generation zuständig: Sprich das verantwortungsvolle Handeln.

  • A
    Alreech

    Wenn Kinder in einer Schneeballschlacht das Steinewerfen auf menschliche Ziele üben ist das ein unschuldiger Trieb ?

    So wie Tierkinder im Spiel das Töten üben so üben auch Menschenkinder im Spiel das Töten.

     

    Aber es gibt Hoffnung. Der amerikanische Experte für Killologie David Grossman hat herausgefunden das die meisten Menschen wie Schafe sind die sich nicht einmal dann mit potenziell Tödlicher Gewalt wehren wenn es um ihr Leben geht.

    Einzig und allein Killerspiele bei denen man auf Menschen schießt sorgen dafür das diese Tötungshemmung abgebaut wir (siehe auch "Wer hat unseren Kindern das töten beigebracht" ).

    Würde man Killerspiele in denen es darum geht Menschen zu töten verbieten - und dazu zählen auch solche angeblich harmlosen Spiele wie Schneeballschlacht oder Völkerball oder Sportarten wie Boxen -wäre dies ein erster Schritt durch einen besseren Menschen den Weltfrieden zu erreichen.

     

    Eine Erziehung zur Wehrlosigkeit ist immer auch eine Erziehung zum Frieden !

  • B
    Bernfreeed

    @Arcas

    schliesse mich vorbehaltlos an.

  • F
    FMH

    "Ludus Monstrorum"

    Darüber hat man sich auch schon im hohen Mittelalter beschwert.

  • M
    Megestos

    Liebe® Arcas,

     

    als leidenschaftlicher Gamer habe ich ebenfalls ein wachsames Auge auf die Berichterstattung über Videospiele. Dennoch fällt es mir schwer, zu sehen, wo das Problem an diesem Artikel liegt.

     

    Der Artikel nimmt Gaming gegenüber meiner Erachtens eine neutrale Position ein - Spielen an sich sei nicht gut oder schlecht, sondern es komme darauf an, was man damit macht. Mir persönlich ist es sogar ziemlich recht, wenn "der Spieltrieb" nicht verharmlost wird, sondern als ganz normaler und zum Dasein als Mensch (nicht nur als Kind) dazugehöriger Drang, sich Herausforderungen und Schwierigkeiten zu stellen, an diesen zu wachsen und sie zu überwinden.

     

    Vielleicht war da kein Gamer am Werk, aber der Artikel scheint mir doch eher ein Ansatz zur offenen Diskussion zu sein.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Ballerspiele verbieten. Playstation verbieten. Computerspiele insgesamt verbieten.

     

    Genau, taz...

  • A
    Arcas

    Liebe taz-Schreiber,

     

    ich habe mehrfach Ihre Berichte über Videogames verfolgt und muss Ihnen leider sagen:

    Lassen Sie es.

     

    Wenn man sich mit dem Thema und der Szene nicht auskennt und nicht willens ist richtig zu recherchieren, sollte man die Finger von dem Thema lassen.

     

    Meinungsfreiheit sei zwar gewährt, ebenso wie die Pressefreiheit, aber spätestens seit RTL Exclusiv sollte Ihnen klar sein, was passieren könnte, wenn Sie mal wieder versuchen lustig zu sein dabei aber eher diffarmieren und beleidigen.

     

    Übrigens: die Bundeswehr sucht dort nach Arbeitnehmern. Was ist daran verwerflich? Falls jemand von Ihnen jemals auf der GamesCom war, sollte Ihnen aufgefallen sein, dass der Stand eher spärlich besucht war. Und sogar Softdrinks haben dort eigene Stände. Desweiteren bewirbt die Bundeswehr auch in Frauenmagazinen, genau so wie die GamesCom in Frauenmagazinen beworben wird (namentliches Bsp. Glamour).

     

    Aber ich vergaß, die Bundeswehr ist ja ein böser Haufen von schießwütigen Wilden und Gamer sind die Vorentwicklungsstufe davon.

     

    Vielen Dank für diesen Beitrag, liebe taz!