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Vertreibung in BirmaRohingya rufen Waffenruhe aus

Aufständische unter den Rohingya in Birma bieten der Regierung eine Feuerpause an. Einen Monat lang soll nicht mehr geschossen werden.

Verteilung von Hilfsgüten unter Rohingya in Bangladesch Foto: Reuters

Cox's Bazar AP | Aufständische der muslimischen Minderheit Rohingya in Birma haben eine Feuerpause im Konflikt mit der Regierung des Landes angekündigt. Die Waffenruhe solle einen Monat gelten, und die Regierung Birmas solle sich erkenntlich zeigen und Opfern ungeachtet ihres religiösen oder ethnischen Hintergrunds helfen, teilte die Gruppe am Sonntag via Twitter mit. Aus Kreisen der Regierung gab es zunächst keine Reaktion.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk hatte am Samstag mitgeteilt, in den vergangenen zwei Wochen seien etwa 290.000 Rohingya ins Nachbarland Bangladesch geflohen. Die Grenze zum Bezirk Cox's Bazar überquerten täglich Tausende.

Die Flucht aus Birma hatte begonnen, nachdem Rohingya-Aufständische Polizeiposten angegriffen hatten. Das Militär reagierte daraufhin mit „Räumungsoperationen“, um Kämpfer zu vertreiben, die sich in Dörfern des myanmarischen Staats Rakhine versteckten. Dort lebten einst eine Million Rohingya. Wie viele noch geblieben sind, ist nicht bekannt.

Indien äußerte sich zutiefst besorgt über die Lage in Rakhine. Das Außenministerium in Neu Delhi forderte die Regierung in Birma zur Zurückhaltung auf. Die Gewalt müsse ein Ende haben, der Fokus müsse auf dem Wohlergehen der Zivilbevölkerung ebenso wie auf dem der Sicherheitskräfte liegen, hieß es in einer Erklärung vom Sonntag.

Das Vorgehen des Militärs gegen die Rohingya hatte Empörung quer durch die muslimische Welt ausgelöst. Myanmar habe „Massaker“ an Muslimen verübt, sagte der Großimam der Al-Azhar-Universität, Scheich Ahmed al-Tajjib, am Samstag. Die Regierung in Birma dagegen hat die meisten der 400 in dem Konflikt getöteten Aufständischen als „Terroristen“ bezeichnet.

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4 Kommentare

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  • Wenn "der Großimam der Al-Azhar-Universität, Scheich Ahmed al-Tajjib" bei 400 Toten von einem "Massaker" spricht, wie nennt er dann das, was IS in Syrien und dem Irak, Boko Haram in Nigeria und die Muslime in Frankreich, Beligien, GB, Deutschland und Italien im Westen anrichtet?

    Ach so: Sind ja keine Muslime, daher auch keine echten Menschen - versteh´schon.

  • Ich ffinde diese Nachricht jetzt sehr interesseant. Von einer "Rebellenarmee", die einen organisierten Krieg führt, so dass sie jetzt in der Lage ist einen Waffenstillstand auszurufen, war bisher nie die Rede. Vielleicht ist das alles ja doch nicht so schwarz-weiß und moralisch eindeutig, wie die Medienberichte der letzten Wochen suggerierten?

     

    Was von den Fakten übrigbleibt, ist nach meiner Erkenntnis folgendes: Es sind viele Muslime in den letzten Jahrzehnten nach Myanmar illegal eingewandert. Die fordern jetzt ein Autonomiegebiet mit Scharia-Rechtsprechung, und versuchen z.T. (und mit finanzieller Unterstützung der fundamentalistischen arabischen Staaten) das gewaltsam durchzusetzen.

     

    Der erste Teil der Geschicht erinnert leider unangenehm an das, was in Deutschland in den letzten 50 Jahren passiert ist. Punkt zwei, nämlich Aufhetzung und Instrumentalisierung der Einwanderer, findet jetzt im Wahlkampf auch schon statt (Erdoga-Partei plus Wahlempfehlung).

    Und wenn nun Teil drei folgt, nämlich terroristische Gewaltanwendung, um eine islamische Rechtsautonomie durchzusetzen; sind das dann auch "Rebellen" oder gar "Freiheitskämpfer?

     

    Wohlgemerkt: ich halte dieses Szenario (noch) für abwegig und Deutschland für stabil genug, um eine offene Gesellschaft weiterhin zu gewährleisten. Aber die politische Blindheit in weiten Teilen der Linken fängt an, mir ernsthaft Sorgen zu machen.

    • @Breitmaulfrosch:

      Lieber Breitmaulfrosch,

      was du da als Erkenntnis aus den Nachrichten gezogen hast, ist ein sehr verzerrtes Bild von dem Konflikt. In Myanmar gibt es viele verschiedene ethnische Gruppen und unter Ihnen einen starkes Ungleichgewicht, wobei die buddhistischen Barma mehr als 80% der Bevölkerung ausmachen. Die ethnischen Minderheiten gehören verschiedenen Religionen an, unteranderem eben dem Islam, Christentum, Hinduismus. Diese werden aus verschiedenen, vorallem historisch gewachsenen, Gründen seit Jahrzehnten diskriminiert, vorallem die muslimische Bevölkerung. Es gibt eine stark präsente buddhistische nationalistische Bewegung, die in Myanmar Islamophobie verbreitet und in dieser Hinsicht verstärkt gegen die Rohingya wettert, denen aufgrund von Restriktionen der Militärdiktatur eine Staatsangehörigkeit verwehrt wurde.

      Das ist nur ein sehr kurzer Einblick in den vielseitigen Konflikt und es sollte klar sein, dass man die Schuld nicht einfach den Rohingya selbst in die Schuhe schieben kann. Eine jahrelang diskriminiert Volksgruppe, die in keinem Land anerkannt wird, nicht nur aufgrund ihrer Religion, denn hier verschmelzen religiöse und ethnische Diskriminierung, dass diese Situation eines Tages in Gewalt eskalieren wird, ist vorhersehbar. Zumal nach den Wahlen 2015, die Bevölkerung Aung San Suu Kyi und ihre hoffnungsträger Partei der Demokratie, die NLD ins Parlament gebracht haben und seitdem hinsichtlich eines Minderheitenschutzes immernoch nichts passiert ist. Bitte informiere dich in Zukunft etwas detaillierter und vorurteilsfrei gegenüber einer Gruppe oder Religion.

  • Jetzt schwimmen den "Rebellen" offensichtlich die Felle weg.

    Kein Rückhalt in der Bevölkerung, völlig selbst überschätzt in den Möglichkeiten und militärischen Fähigkeiten, von der Weltöffentlichkeit mehr als argwöhnisch betrachtet und kurz vor dem Zusammenbruch der Versuch, mit Hilfe eines Waffenstillstandes Zeit zu gewinnen. Zeit für die Sammlung versprengter Kräfte, Zeit für die Neu- bzw. Reorganisation, Zeit für die Bewaffnung durch moslemische, welche Couleur auch immer, Gönner und Verbündete.

    Darauf sollte sich die Regierung Birmas nicht einlassen.

    Denn die Wahrung der Interessen der Minderheit der Rohingya stand bei Entfesselung des bewaffneten Kampfes so offensichtlich nicht im Vordergrund, dass der Behauptung, dass sie das jetzt täte, keinerlei Glaubwürdigkeit innewohnt.

    Damit spreche ich jedoch in keinem Falle der Unterdrückung von Minderheiten das Wort.