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Versuchter Detroit-AnschlagObama übernimmt Verantwortung

Ein Bericht des Weißen Hauses sieht kein individuelles Versagen beim versuchten Attentat auf Passagierflugzeug. Die Informationen waren vorhanden, seien aber nicht verstanden worden.

Obama: "Es war ein systemisches Versagen." Bild: dpa

BERLIN taz | Präsident Barack Obama hat zwei Wochen nach dem versuchten Anschlag auf ein Passagierflugzeug kurz vor der Landung in Detroit die Verantwortung für die mangelnde Aufklärung im Vorfeld übernommen. "Wenn das System versagt", so der Präsident am Donnerstag in Washington bei der Vorstellung des Untersuchungsberichts des Weißen Hauses zu dem Vorfall, "dann ist das meine Verantwortung."

Obama, der wegen seiner Zurückhaltung unmittelbar nach dem gescheiterten Anschlag von der republikanischen Opposition und den konservativen Medien der USA scharf kritisiert worden war, trat damit die Flucht nach vorn an. In seiner Rede machte er deutlich, dass er nicht einzelne Mitarbeiter wie etwa den viel kritisierten Antiterrorkoordinator John Brennan oder seine Heimatschutzministerin Janet Napolitano für den Vorfall verantwortlich macht. Letztere hatte zunächst behauptet, das System habe funktioniert - wovon sich Obama bald distanzieren musste.

Jetzt heißt die Linie: Die US-Regierung verfügte zwar über "alle Informationen", um den Plot aufzudecken und "den Angriff zu verhindern". Doch sie waren im "System verstreut". Auch im mangelnden Datenaustausch unter den Diensten läge nicht das Problem, so der Präsident. Hier sei die Zusammenarbeit nach dem 11. September 2001 verbessert worden.

Stattdessen, so Obama, habe man dabei versagt, die bereits vorliegenden Daten "zu verbinden und zu verstehen". Die Untersuchungen des gescheiterten Anschlags vom ersten Weihnachtstag deuteten deshalb darauf hin, dass es "nicht die Schuld einer einzelnen Person oder Organisation war", so der Präsident. "Es war vielmehr ein systemisches Versagen."

Mit welchen Mitteln künftig aus den stetig wachsenden Informationsmengen die relevanten Daten gefunden werden sollen, ließ Obama offen. Zwar wies er in einem ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Memorandum die Geheimdienste, das FBI, das Außenministerium und weitere Behörden an, unter anderem die Kriterien für die Aufnahme von Personen auf die "No Fly"-Liste zu verschärfen. Wie genau diese Personen aus den mehrere hunderttausend Namen umfassenden Verdachtslisten herausgefiltert werden sollen, ist dort nicht erläutert. Konkret ist vor allem die Ankündigung, eine Milliarde Dollar bereitzustellen: Für die Anschaffung von Ganzkörperscannern auf den Flughäfen der USA.

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3 Kommentare

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  • W
    wert

    ich kann meinem vorredner nur beipflichten!!

     

    zumal hat das "system" hier doch mal wieder hervorragend funktioniert(entgegen der farstellung in der überschrifft)

    die geheimdienste waren über täter und vorhaben genauestens informiert, konnten den sprengsatz austauschen, unbrauchbar machen, o.ä.dafür gibt es ja genügend andere aktuelle beispiele!) und haben sich somit ein perfektes szenario erschaffen um weitere politische interessen durchzuführen.

  • M
    Martin

    Einmal zusammenfassen: seit 2001 führen 'wir' (der Westen) Kriege in Afghanistan, Irak, Pakistan, demnächst Jemen und Iran (?), weil 'uns' 2001 mit Flugzeugattentaten 'der Krieg erklärt wurde'. Millionen Tote, Milliarden Kosten und freier Zugang für Attentäter bei USA-Flügen sind das Ergebnis. 16 Geheimdienste, aber keiner verantwortlich. Mit nobler Geste erklärt sich Obama zum Schuldigen für einen Vorgang, der nicht zu tolerieren sei. Ernst gemeint ist das aber alles nicht: Schuld hat auch etwas mit Sühne zu tun. Er habe sich nicht um die 'systemischen' Fehler dieses Geheimdienstsystems gekümmert. Ein weiteres unverbindliches Geblabber: systemische Fehler sind Fehler des Systems und daran soll ja nichts geändert werden. Wenn es nötig war, uns die Serie angeblicher Verteidigungskriege gegen potentielle Kriegsgegner (Attentäter) als durch und durch verlogene Show zu entlarven, dann ist es jetzt der Fall. Ein Lügengebäude, bei dem es in Wahrheit um geopolitische Macht geht.

  • W
    Witzkeinstein

    "Wir sind im Krieg, wir sind im Krieg gegen Al Kaida", sagte der Präsident. "Wir werden tun, was auch immer nötig ist, um sie zu besiegen."

     

    1. Leider sind die Worte "besiegen" und den Krieg "beenden" anscheinend nicht gleichbedeutend.

     

    2. In derselben Weise bedeutet leider eine Fortführung des Krieges bzw. eine Intensivierung der militärischen Anstrengungen lediglich eine Zunahme der Gefahren, die aus dem Terrorismus entstehen.

     

    3. Den Krieg im Sinne der Völker zu gewinnen würde bedeuten, globale staatlich-terroristische Aktionen zu beenden und für ein globales politisches und ökonomisches Solidarsystem zu sorgen. Auf diese Weise wären Verhandlungslösungen in den momentan kriegerisch ausgetragenen Konflikten mit Sicherheit möglich.

     

    4. Nocheinmal: den Krieg gegen den Terrorismus zu gewinnen hat nichts mit siegreichen Soldaten zu tun. Sondern mit der Beseitigung des Nährbodens von Terrorismus (wozu nunmal auch "imperiale Besatzungstruppen" gehören, die ja angeblich Terrorismus verhindern sollen).

     

    5. Ganz im gegenteil wird aber in der Realität von westlicher Seite mindestens zweierlei getan:

    einerseits zunehmend Kontrolle ausgeübt, was auf Kosten der Freiheit aller geht. Und andererseits Unsummen in den militärischen und geheimdienstlichen Kampf gegen Aufständische gesteckt. Das schafft nicht nur Nachwuchsterroristen, sondern versorgt auch die halbe US-amerikanische und allgemein die westliche Rüstungs- und Sicherheitsindustrie mit lukrativen Aufträgen.

     

    6. Von den geostrategischen, Wirtschafts- und Ressourcen-Vorteilen, die der Kampf gegen den Terror, "den wir ja jetzt unbedingt ausweiten müssen, um ihn auch sicher zu gewinnen" bringt, brauche ich gar nicht erst zu reden.

     

    Lieber Barrack Hussein Obama, es gäbe da schon eine idiotensichere Lösung, den Krieg zu beenden. Einfach mal Frieden machen: am Verhandlungstisch.