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Verstrahlte Nashörner in SüdafrikaRadioaktiv gegen Wilderei

Im Hluhluwe-iMfolozi-Park töten Wilderer besonders viele Nashörner. Mitarbeiter und Wissenschaftler gehen dagegen vor – mit außergewöhnlichen Mitteln.

Gefährlicher Lebensraum: ein Nashorn im Hluhluwe-Imfolozi-Nationalpark Foto: Mike Hutchings/reuters

HLUHLUWE-IMFOLOZI-PARK (SÜDAFRIKA) taz | Langsam läuft Dumisami Zwane durch das Gehege und hält Ausschau nach seinen Schützlingen. Er ist Leiter der Wildhüter-Abteilung im Hluhluwe-iMfolozi-Park. Sein Team überwacht die Wildtierbestände und fördert mit Öffentlichkeitsarbeit das Bewusstsein für Naturschutzmaßnahmen.

Der Park in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal ist eines der ältesten Schutzgebiete des Landes – und am schwersten von Nashorn-Wilderei betroffen. Von 499 gewilderten Nashörnern wurden 307 allein im Hluhluwe-iMfolozi-Park getötet.

Auf dem Schwarz­markt bringt das Horn teils mehr als Gold, Diamanten oder Kokain

Bereits seit 19 Jahren arbeitet Dumisami Zwane in dem Park und kümmert sich unter anderem um verletzte oder verwaiste Nashörner. Er strahlt Ruhe aus, während er zu Fuß durch das etwa drei Hektar große Gehege läuft und nach den Tieren Ausschau hält.

Die verbuschte Landschaft bietet viel Platz zum Verstecken. Vor allem in der Mittagshitze des Tages neigen die Tiere dazu, sich ins Dickicht zurückzuziehen und die kühleren Abendstunden abzuwarten. Insgesamt acht Nashorn-Jungtiere werden derzeit in einem separaten Bereich des Parks aufgezogen. Ihre Mütter wurden gewildert, beklagt Zwane.

Nashorn-Horn erzielt hohe Preise auf dem Schwarzmarkt

Getötet werden die Tiere aufgrund ihres Horns, dem vor allem im asiatischen Raum Heilkräfte nachgesagt werden. Auf dem Schwarzmarkt bringt das Horn finanzielle Erträge, die teils höher sind als die von Gold, Diamanten oder Kokain.

„Dabei ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Horn keine medizinische Wirksamkeit hat. Genauso gut könnte man seine eigenen Fingernägel essen“, sagt Musa Mntambo, Sprecher der Naturschutzbehörde Ezemvelo KZN Wildlife, die den Park betreibt. Das Horn bestehe nämlich vor allem aus Keratin – wie die Haare, Nägel, Krallen, Barten, Schuppen, Schnäbel oder Hufen vieler Tiere sowie menschlichen Haare und Nägel.

Als Reaktion auf eine drastische Wilderei-Zunahme sind daher seit April mehr als 1.000 Nashörner im Hluhluwe-iMfolozi-Park enthornt worden. Dabei würden die Tiere zunächst von einem Helikopter aus mit einem Beruhigungsmittel betäubt werden, erzählt Mntambo. „Dann bedecken wir die Augen, um das Tier vor Licht zu schützen. Auch die Ohren werden mit Stöpseln verschlossen, um den Lärm zu reduzieren.“

Auf einer Videoaufnahme seines Handys ist zu sehen, wie mit einer Motorsäge, einige Zentimeter über dem Ansatz, das Horn abgesägt wird. Zurück bleibt lediglich der Stumpf. „Wir versuchen, uns nicht in die Natur einzumischen“, sagt Mntambo. Aus diesem Grund sei lange auf die Maßnahme verzichtet worden. Nun sähe man sich aber dazu gezwungen. Zwischen 18 und 24 Monate dauert es, bis das Horn wieder nachgewachsen ist. Die Enthornung muss daher alle paar Monate wiederholt werden, erklärt Mntambo.

Warum die Tötungen ausgerechnet im Hluhluwe-iMfolozi-Park zugenommen haben, vermag er nicht zu sagen. „Es gibt zwar einen Zaun und Kameras, aber auch nicht überall“, sagt er. Möglicherweise gebe es auch einen Zusammenhang mit erfolgreichen Anti-Wilderei-Maßnahmen in anderen Parks, die dazu geführt hätten, dass Wilderer „abgewandert“ seien.

Dumisami Zwane Foto: Helena Kreiensiek

Während vormals der Krüger-Nationalpark Hotspot für Nashorn-Wilderei war, verzeichnete dieser im Jahr 2023 einen Rückgang um mehr als ein Drittel, nachdem massiv in Anti-Wilderei-Maßnahmen investiert worden war. Seit das Enthornungs-Programm im Hluhluwe-iMfolozi-Park in Kraft getreten sei, habe es aber einen kleinen Rückgang bei der Zahl an gewilderten Nashörnern gegeben, berichtet Mntambo.

Wilderer mit radioaktivem Material abschrecken

Seit Neuestem forscht in Südafrika ein Team der Johannesburger Universität Witwatersrand an einer alternativen Methode, um der Wilderei Einhalt zu gebieten: Mithilfe von Radioaktivität sollen die Hörner der vom Aussterben bedrohten Tierart unattraktiv gemacht werden, erklärt Projektleiter James ­Larkin.

Dazu wird ein Loch in das Horn gebohrt, das mit einer kleinen Menge Radioisotopen gefüllt wird. „99 Prozent der Welt hat eine intuitive Abneigung gegen Radioaktivität. Man denkt an Tschernobyl oder Fukushima, an Atomwaffentests und so weiter. Indem wir eine kleine Menge radioaktives Material in das Horn einbringen, soll in erster Linie das Horn für den Endverbraucher wertlos werden.

Dabei ist die Dosis aber so gering, dass sie den Tieren nicht schadet“, erklärt Larkin. Außerdem könnten radioaktiv behandelte Hörner leichter an internationalen Grenzen eher entdeckt werden, was den Schmuggel erschweren würde. Messgeräte, wie sie an Flughäfen oder beim Zoll üblich seien, könnten die Radioaktivität nämlich erkennen.

Immerhin nicht tot: Ein Nashorn bekommt zum Schutz vor Wilderern radioaktives Material ins Horn eingesetzt Foto: Chante Schatz/Rhisotope Project

Das Projekt befindet sich aktuell noch in der Pilotphase. 20 Nashörnern in unterschiedlichem Alter seien im Juni die ersten Dosen radioaktiver Isotope ins Horn eingefügt worden. Über einen Zeitraum von sechs Monaten würden die Tiere Tag und Nacht beobachtet werden, ergänzt Jessica Babich, die an dem Projekt mitarbeitet.

Ziel sei es auch, langfristig eine Alternative zu den Enthornungsprogrammen zu finden. „Bislang ist das noch das erfolgreichste Mittel gegen Wilderei gewesen, aber der Prozess ist laut und stressig für die Tiere“, so Babich. „Außerdem ist es uns allen eine Herzensangelegenheit, die Nashörner in ihrem eigentlichen Zustand schützen zu können, also mit Horn.“ Noch ist es zu früh, um Schlussfolgerungen zu ziehen, doch das internationale Interesse an dem Projekt ist immens.

Währenddessen setzen Parkmitarbeiter wie Dumisami Zwane ihre Arbeit fort, in der Hoffnung, dass eines Tages Nashörner ohne die Bedrohung durch Wilderer leben können. „Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass diese Art erhalten bleibt“, sagt Zwane entschlossen.

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