Vernetzung von Fahrzeugen: Mit Vollgas in die Verkehrskontrolle
Neuwagen sollen in den USA in einigen Jahren verpflichtend vernetzt werden. Auch hierzulande bekommen Autos immer mehr Sensoren.
BERLIN taz | In den USA soll die Vernetzung von Autos zur Norm werden. „Das Verkehrsministerium plant Vorschriften, die Neuwagen in einigen Jahren dazu verpflichten werden, ein Funkmodul zu haben, mit dem sie sich identifizieren und mit anderen Fahrzeugen kommunizieren“, sagte Kevin Dopart, zuständiger Abteilungsleiter im Ministerium laut dem Branchenportal heise.de. Denkbar sei, dass die Neuerung ab dem Jahr 2020 greife.
Mit der Vernetzung ist die sogenannte Car-to-Car-Communication gemeint, die Kommunikation von Auto zu Auto. Ziel ist es dabei vor allem, Unfälle zu vermeiden: So könnte etwa ein nachfolgendes Auto automatisch abbremsen, wenn das Fahrzeug davor einen knappen Spurwechsel durchführt oder plötzlich anhält. Darüber hinaus könnten Staus vermieden werden, wenn sich nähernde Fahrzeuge etwa bei einem Unfall gewarnt werden und dann auf alternative Routen ausweichen.
Laut Dopart gibt es in den USA ein „signifikantes Interesse“ daran, ältere Fahrzeuge mit Modulen für die Kommunikation zwischen Fahrzeugen auszurüsten. Voraussetzung für die Kommunikation von Auto zu Auto ist, dass die Fahrzeuge Daten erheben, die sie übermitteln können. Das passiert bereits in aktuellen Fahrzeuggenerationen: Sensoren ermitteln beispielsweise Beschleunigung und Kurvenverhalten, Lenk- und Radgeschwindigkeit, das Ein- und Ausschalten von Lichtern oder die Zahl der Personen im Fahrzeug.
Auch die Bundesregierung verspricht sich viel vom vernetzten Fahren. Weniger Staus, weniger Unfälle, weniger Emissionen, mehr Beschäftigung. „Leitmarkt“ soll Deutschland werden, so steht es in einem Papier des Verkehrsministeriums, das die Bundesregierung schon im September beschlossen hat. Doch ob auch hierzulande eine Pflicht zur Vernetzung erwogen wird, beantwortet das Ministerium nicht.
Vermutlich aus guten Gründen – denn eine Pflicht würde auf Widerstand von Daten- und Verbraucherschützern stoßen. „Durch die Vernetzung kann ein Überwachungssystem entstehen“, sagt etwa Friedemann Ebelt vom Verein Digitalcourage. Nicht nur staatliche Stellen, auch Versicherungen oder etwa die Unterhaltungsindustrie hätten ein Interesse an den Daten. Schon jetzt gibt es hierzulande Versicherer, die für einen defensiven Fahrstil Rabatte geben. Belegt werden muss dieser durch die Fahrzeugdaten.
Überwachung oder Sicherheit?
Aus den erhobenen Daten ließen sich – gegebenenfalls in Echtzeit – zahlreiche Informationen gewinnen. Zum Beispiel: Wer hat zu einem bestimmten Zeitpunkt das Ziel seiner Fahrt abrupt geändert? Oder: Welche Musik hören Fahrer, wenn sie nachts unterwegs sind? „Personen werden erkennbar, Muster und Abweichungen“, sagt Ebelt. Dabei betont er: Es ginge auch privatsphärefreundlich – wenn auf Transparenz und offene Standards gesetzt wird und weder FahrerInnen noch Fahrzeugen eindeutige Kennnummern zugeteilt werden.
Hierzulande ist das laut Karl-Oskar Proskawetz vom europäischen Car 2 Car Communication Consortium auch der Plan. „Die Kennungen werden gewechselt, damit Sie nicht permanent mit der gleichen Kennung unterwegs und damit überwachbar sind.“ Die Standards seien offen, sodass unterschiedliche Hersteller Hard- und Software anbieten könnten. Das Konsortium, maßgeblich besetzt mit Akteuren aus der Autoindustrie, hat es sich zum Ziel gesetzt, in Europa 2019 erste vernetzte Fahrzeuge auf die Straße zu bringen.
In kleinerem Maßstab werden sie aber schon früher kommen. Ab dem 31. März 2018 müssen Neuwagen europaweit mit dem System eCall ausgestattet sein. Das ist mit den Sensoren des Fahrzeugs verbunden und soll im Fall eines Unfalls sowohl Standort und Uhrzeit an die Notrufzentrale übermitteln als auch aus den Fahrzeugsensoren gewonnene Daten – etwa die Zahl der Personen im Auto und die Art des Treibstoffs.
Das System ist verpflichtend. Ein Kompromissvorschlag, wonach Haltern freigestellt werden sollte, ob sie sich an dem System beteiligen wollen, wurde abgelehnt – schließlich solle es mehr Verkehrssicherheit für alle geben. Gut möglich, dass dieses Argument eines Tages auch für die weitere Vernetzung gelten wird.
Leser*innenkommentare
amigo
Wenn per Funkmodul Geschwindigkeitsbeschränkungen eingehalten werden können, ist das mehr als zu begrüßen! Jede Maßnahme, die den totalen Autowahn zügelt, ist willkommen!
thomas gaupp
von wegen big brother-heutzutage braucht sich niemand mehr illusionen machen,was überwachung angeht.
so is. das halt,man kann davon halten,was man will überwacht wird sowieso.
wenne s dann mal soweit ist,das jedes auto vernetzt ist,sollte meiner meinung nach die technologie auch genutzt werden unfälle zuvermeiden,und nicht nur automatisch zu melden.einer der hauptgründe für unfälle ist unangepasste geshwindigkeit.warum führt man nicht eine art fahrtenschreiber ein,der per erfassung der gps und verkehrszeichen lage geschwindigkeitsverstöße dokumentiert.
es waäre denkbar, eine art chipkarte pro fahrer einzuführen,die dann in regelmäßigen zeitabständen von einer behörde gescannt wird.
so müsste JEDER dafür gerade stehen,wenn er z.b. mit 70 oder mehr km/h durch 30ger zonen oder die innenstadt rast.
vielleicht würde es dann etwas gelassener auf den strassen abgehen.
PS.:wir leben in einer zone 30 strasse,und bei uns fahren ,wenn man es großzügig sieht 85%schneller als 60 km/h.
ich bin schon mehrfach in gefährliche situationen gebracht worden von diesen gefährlichen ignoranten.übrigens jeden alters und geschlechts.
wir fahren auch ein kräftiges auto,aber wir rasen nur da wo es erlaubt ist und passt.
ich fände eine solche überwachung fast ausschließlich positiv.
sonnige grüsse aus dem raum bremen
Johan Schreuder
jaja, big brother likes to watch.