Vermögen in Deutschland schrumpft: Doch nicht so reich wie gedacht
Trotz Boom bei Immobilienpreisen sinkt in vielen Regionen der Wert der Häuser. Geldanlagen kommen oft gegen die Inflation nicht an.
Das Nettovermögen je Haushalt stieg demnach lediglich um 500 Euro und 0,4 Prozent an – wegen der Inflation bedeutet das allerdings einen Verlust der realen Kaufkraft um 15 Prozent. Im Schnitt haben die Vermögenden in zehn Jahren rund 20.000 Euro verloren – und das, obwohl die Bundesbürger jährlich rund 10 Prozent ihres Einkommens sparen.
Verantwortlich dafür ist den Forschern Markus Grabka und Christian Westermeier zufolge vor allem die schwache Wertentwicklung selbst genutzter Immobilien: „Wir hatten zwischen 1995 und 2010 eine lange Phase sinkender Immobilienpreise. Das ist maßgeblich dafür, dass wir sinkende Realvermögen beobachten“, erklärte Grabka. Der Anstieg der Preise setzte erst in den vergangenen Jahren ein und konzentriert sich auf Großstadtregionen wie München oder Berlin. In etlichen Regionen fallen die Preise.
Nur Reiche leisten sich riskante Geldanlagen
Ein weiterer Grund für den Vermögensrückgang sei das Anlageverhalten der Verbraucher: „Viele Menschen investieren ihr Vermögen bevorzugt in risikoarme, dafür aber renditeschwache Anlagen wie Sparbücher, Girokonten oder Riesterrenten, die oftmals nicht einmal die Inflation ausgleichen“, so Grabka. Gerade Personen mit geringen Einkommen könnten es sich oft nicht leisten, in risikoreiche Anlagen mit mehr Rendite zu investieren.
Aus diesem Grund fordern die Wissenschaftler eine gezieltere Förderung des individuellen Vermögensaufbaus. Damit könne auch die hohe Vermögensungleichheit in Deutschland reduziert werden. Grabka sieht unter anderem bei der Riesterrente Handlungsbedarf: „Die Renditen der Riesterrente sind gering und kommen nicht da an, wo sie es sollten. Eine Reform wäre hier notwendig.“
Über besonders wenig Vermögen verfügen in Deutschland vor allem die Mieter: Sie haben im Schnitt ein Nettovermögen von weniger als 3.000 Euro. Auch Trennungen und Scheidungen führen zu Vermögensverlusten, während Erbschaften, Schenkungen und Heirat wohlhabender machen.
Die gute Nachricht: Laut Grabka könnten die Realvermögen wegen der seit 2011 wieder leicht ansteigenden Immobilienwerte in Zukunft wieder wachsen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen