piwik no script img

Vermieter macht AngebotEine Chance für das Bateau Ivre

Die Zwangsräumung des Cafés iam Heinrichplatz könnte noch abgewendet werden: Der Vermieter bietet dem Cafébetreiber einen Verbleib bis Jahresende an.

Blick über den Heinrichplatz auf das Eckcafe Bateau Ivre Foto: dpa

Die für den 8. Juni anberaumte Zwangsräumung des Cafés Bateau Ivre am Heinrichplatz in Kreuzberg kann noch abgewendet werden. Der Vermieter hat sich mit einem Angebot an den Betreiber gewendet, das einen Verbleib bis zum regulären Ende des Mietvertrages am 31. Dezember dieses Jahres vorsieht. Dafür allerdings müsse der Betreiber Atalay Aktaş, der das Lokal vor zweieinhalb Jahren übernommen hatte, die ausstehenden und noch zu entrichtenden Mietzahlungen in Höhe von 62.000 Euro sofort bezahlen. Eine Antwort von Aktaş auf das Angebot steht noch aus.

Der Darstellung von Aktaş, dass der Räumungstitel gegen ihn vom August 2021 lediglich aufgrund zweier nicht gezahlter Monatsmieten während der Coronazeit erwirkt worden sei, widersprach der Vermieter in einem Gespräch mit der taz. Von Beginn des Mietverhältnisses an, das zu denselben Konditionen abgeschlossen worden sei, die auch der vorherige langjährige Betreiber Laurent Vivien hatte, seien die Mietzahlungen „nicht oder nicht zum vereinbarten Termin“ geleistet worden, so der Vermieter. Kontoauszüge, die die taz einsehen konnte, belegen das.

Aktuell weist das Mietkonto des Bateau Ivre einen Rückstand von 34.000 Euro aus; seit Februar wurde keine Miete mehr bezahlt. Dabei war der Vermieter dem Betreiber in der Coronazeit sogar entgegengekommen. Zwei Monatsmieten wurde erlassen, fünf weitere um bis zu 70 Prozent reduziert: Insgesamt wurden Mietzahlungen in Höhe von etwa 20.000 Euro erlassen. Gleichzeitig konnte Aktaş durch ein Coronatestzentrum in den Räumlichkeiten des Lokals hohe Einnahmen generieren.

Dem Vermieter, seit 40 Jahren im Kiez beheimatet, ist es nach eigener Aussage ein großes Anliegen, das Bateau Ivre zu erhalten. Aktaş jedoch habe das Cafe „nicht aufgebaut, sondern kaputtgemacht“. So habe dieser sich trotz der vertraglichen Verpflichtung, die Mit­ar­bei­te­r:in­nen des früheren Betreibers zu übernehmen, von ihnen getrennt. Eine Verlängerung des dreijährigen Mietvertrages über das aktuelle Jahr hinaus habe er deshalb abgelehnt. Inzwischen habe er einen Nachfolgebetreiber gefunden.

Den Grünen im Bezirk, die sich vergangene Woche noch mittels einer Resolution in der Bezirksverordnetenversammlung auf die Seite Aktaş’ gestellt hatten, sehen nun durch das Angebot des Vermieters die „akute Bedrohungslage der Betreiber abgewehrt“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Hohe Einnahmen durch das Corona-Testzentrum also? Ich habe da nur selten mal jemanden zum testen gesehen. Prüft das noch mal wer?

    Und dass der Aktas das Bateau Ivre „nicht aufgebaut, sondern kaputtgemacht“ hat stimmt.

  • Da zeichnet sich ein ganz anderes Bild als im ersten Artikel von 25.05.2022. Der neue Inhaber schreibt sich die Erhaltung eines Kiez Kulturguts nämlich des Bateau Ivre auf die Fahne, hat aber seit Beginn des Mietverhältnisses verspätet oder gar keine Miete gezahlt und entgegen der Vereinbarung , die zum Erhalt des Traditionslokals beitragen sollte, sämtliche alte Mitarbeiter gekündigt?



    Dann stellt sich jetzt heraus dass der Vermieter während der Pandemie nicht nur zwei Mieten erlassen hat sondern bei fünf weiteren die Miete um 70% reduziert hat was insgesamt 20000 € an erlassenen Mietkosten darstellt?



    Es wurde ein Testzentrum betrieben und sicher auch Corona Hilfen vom Staat kassiert. In dem Fall scheint es mir als ob es dem neuen Inhaber nicht um die Erhaltung eines Kiez Kulturguts geht sondern eher um die Bereicherung seiner selbst.



    Der Erhalt des Lokals liegt wohl eher dem Vermieter am Herzen als dem neuen Wirt.



    Wenn ich meine Miete nicht bezahle werde ich auch gekündigt und dann zu sagen ich bleibe und zahle jetzt erst recht nicht ist wohl kaum die richtige Methode um einer Räumung zu entgehen. Mir tut der Vermieter leid. Die Politiker*Innen der Grünen sollten sich nicht auf eine Seite stellen ohne alle Fakten zu kennen.

  • Dann hat Herr Aktaş also gelogen.

    Warum will die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg Resolutionen beschließen, wenn sie den Sachverhalt gar nicht überblickt?

    Ich wünsche mir Politiker_innen mit weniger Populismus