Vermeintliche Heilung von Homosexualität: Manch­mal verboten

Jens Spahn legt einen Gesetzesentwurf zu sogenannten Konversionstherapien vor. Ein generelles Verbot der homophoben Programme ist nicht geplant.

Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, spricht auf einer Pressekonferenz. I

Ist gegen Konversionstherapien – komplett verbieten will Jens Spahn sie aber trotzdem nicht Foto: dpa

BERLIN taz | Wer bei einer sogenannten Konversionstherapie homosexuellen Menschen einreden möchte, ihre sexuelle Orientierung zu ändern, soll bald mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Bußgeldern sanktioniert werden. Ausnahme: Die behandelte Person ist sich der Tragweite bewusst, die ein Wechsel der sexuellen Identität für sie bedeutet. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, mit dem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das von ihm im Frühjahr angekündigte Verbot der „Konversionstherapien“ durchsetzen möchte und der der taz vorliegt. „Diese angebliche Therapie macht krank und nicht gesund“, sagte Spahn.

Bei „Konversionstherapien“ sollen Schwule, Lesben und Bisexuelle dazu gebracht werden, sich heterosexuell zu orientieren. Experten gehen von jährlich etwa 1.000 Fällen in Deutschland aus. Wissenschaftler nehmen an, dass diese Pseudotherapien bei Betroffenen schwere psychische Belastungen auslösen, unter anderem Depressionen, Angsterkrankungen und ein erhöhtes Suizidrisiko.

Das Verbot der „Therapien“ gelte immer dann, wenn der Gesprächspartner versuche, „unzulässig Einfluss“ auf die sexuelle Orientierung eines Betroffenen zu nehmen, heißt es aus dem Ministerium – unabhängig vom Alter. Ausnahme sind allerdings 16- bis 18-Jährige, sofern der „Therapeut“ nachweist, dass er den oder die Jugendliche ausreichend über Tragweite und Risiken der Behandlung informiert hat.

Auch für Volljährige gibt es Ausnahmen: Die „Therapien“ sollen erlaubt sein, solange Betroffene bei der Entscheidung für oder gegen die Behandlung nicht unter einem „Willensmangel“ leiden – gemeint ist, dass Betroffene zur „Therapie“ gezwungen oder getäuscht werden könnten, zum Beispiel über Nutzen oder Risiken der Maßnahmen.

„Warum diese Lücke?“

René Mertens vom Lesben- und Schwulenverband kritisiert, dass der Entwurf kein generelles Verbot der sogenannten Konversionstherapien vorsieht. „Warum diese Lücke?“, sagte Mertens der taz. „Ich frage mich, ob die Jugendlichen realistisch einschätzen können, welche Risiken auf sie zukommen. Wie soll nachgewiesen werden, dass die Personen ausreichend über die Folgen aufgeklärt werden?“ Auch könnten Eltern der Betroffenen Druck ausüben, die „Konversionstherapie“ zu machen, sagte Mertens.

Die Behandlungen öffentlich zu bewerben oder sie zu vermitteln soll ebenfalls verboten werden. Außerdem plant das Gesundheitsministerium, einen Telefon- und Onlineberatungsdienst für Betroffene einzurichten. Der Entwurf soll nun an die Bundesländer und Verbände zur Stellungnahme gehen.

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