Vermeintliche Fehler in Bremen: „Bamf-Skandal“ schrumpft weiter
Die Anzahl der vermeintlich fehlerhaften Asylbescheide der Bremer Außenstelle des Bamf ist weiter rückläufig. Die Ermittlungen gehen mit viel Aufwand weiter.
Die Staatsanwaltschaft Bremen hält das allerdings nicht davon ab, weiter mit ordentlich Manpower nach Missständen im Bremer Flüchtlingsamt zu forschen. Die Ermittlungen sollten bis Sommer zum Abschluss kommen, sagt Behördensprecher Frank Passade. Dann werde entschieden, ob Anklage erhoben wird. Die Staatsanwaltschaft habe den Kreis der Beschuldigten Anfang 2019 um drei frühere Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Bremen erweitert.
Im Frühjahr 2018 war die Behörde massiv in die Kritik geraten, weil dort möglicherweise Asylanträge unrechtmäßig positiv entschieden worden seien. Behördenleiterin Ulrike B. musste gehen, das Bremer Amt vorübergehend die Arbeit einstellen. Der Skandal befeuerte den Streit zwischen Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Asylpolitik. Das wiederum hätte fast zum Scheitern der Bundesregierung geführt.
Bei seinen Prüfungen fand das Bamf in den Bremer Akten allerdings nur wenige unrechtmäßigerweise positiv beschiedene Asylbescheide. „Bisher wurden in Bremen rund 4.000 Akten geprüft“, sagt Bamf-Sprecher Stefan von Borstel. „Widerrufe und Rücknahmen ergingen bei rund 50 Akten.“ Insgesamt liege die Quote der widerrufenen Verfahren mit Bezug zu Bremen auf einem ähnlichen Niveau wie die Quote der insgesamt bundesweit widerrufenen Verfahren. Von bundesweit 85.052 Asylbescheiden wurden laut von Borstel 982 widerrufen. Die bundesweite Quote der Widerrufe liege damit bei rund 1,2 Prozent – und damit über der Bremer Quote von 0,9 Prozent.
Die Überprüfung von Asylverfahren in Bremen habe in einigen Fällen Hinweise auf eine bewusste Umgehung von damals geltenden Dienstanweisungen, Herkunftsländerleitsätzen, Gesetzen oder sonstigen Verfahrensrichtlinien des Asylverfahrens ergeben, sagt von Borstel.
„An den Haaren herbeigezogen“
Die Verfahrensmängel in anderen Fällen hatten offenbar mit Überforderung zu tun. Diese wurden als Verstoß gegen geltende Regeln eingestuft wie mangelnde Qualitätssicherung oder unterlassene Dokumentenprüfung. „Diese Fehler gehen auf die Zeit zurück, in der das Bundesamt angesichts der hohen Zugangszahlen vor einer immensen Herausforderung stand“, sagt Bamf-Sprecher von Borstel.
Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte die taz berichtet, dass es nur wenige grobe Verstöße bei der Bremer Außenstelle gab. Von 18.315 positiven Bescheiden, die das Bremer Amt seit dem Jahr 2000 erlassen habe, hätten Bamf-Prüfer in nur 165 Fällen ein „grobes Hinwegsetzen über Vorgaben“ festgestellt.
„Die Bremer Außenstelle ist bundesweit die am besten funktionierende Behörde“, sagt Henning Sonnenberg, der einen beschuldigten Hildesheimer Rechtsanwalt vertritt. Vierzehn von ihm erwirkte positive Asylbescheide seien aufgehoben worden, sagte dessen Anwalt Sonnenberg. Doch acht dieser Widerrufe seien vom Verwaltungsgericht Hannover bereits wieder kassiert worden. Bei drei Fällen in Minden erwarte er dies noch. Es gebe also keine Straftaten, sagt Sonnenberg.
Der Rechtsanwalt wirft der Bremer Staatsanwaltschaft vor, seinen Mandanten und der ehemaligen Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle etwas anhängen zu wollen. „Die Staatsanwaltschaft traut sich nicht zuzugeben, dass das Bamf sie mit falschen Informationen gefüttert hat“, sagt Sonnenberg. Für ihn ist es ein „Justizskandal“, dass die Bremer Staatsanwälte ihre aufwendigen Ermittlungen nicht einstellen.
Deren Sprecher Passade schweigt zu den meisten Vorwürfen. Er sagt lediglich, dass die Aufhebung eines positiven Asylbescheids nicht gleichzeitig bedeute, dass es nicht zu einer Straftat gekommen sei. „Wir prüfen, ob falsche Angaben in einzelnen Verfahren gemacht wurden“, sagt er. Ihm zufolge geht es um Verstöße gegen das Asyl- und Aufenthaltsgesetz sowie den Verdacht der Urkundenfälschung und Korruption. Dies sei „an den Haaren herbeigezogen“, sagt Sonnenberg.
Er wirft der Staatsanwaltschaft vor, unnötig viel Geld für die Sonderkommission „Antrag“ auszugeben. Sie zählt 36 Mann – die größte, die es je in Bremen gab. Passade sagt hingegen, dass sie alternativlos sei und nur so lange existiere bis die Ermittlungen abgeschlossen seien.
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