Verluste durch Hypothekenkrise: Investmentbank schreibt Milliarden ab
Merrill Lynch hat bisher fünf Milliarden US-Dollar durch faule US-Hypotheken verloren. Entwarnung ist nicht in Sicht.
Die New Yorker Investmentbank Merrill Lynch hat am Wochenende den bislang größten Verlust im Zusammenhang mit der US-Hypothekenkrise bekannt gegeben: 5 Milliarden US-Dollar muss das Unternehmen wegen der Finanzmarktkrise im dritten Quartal verbuchen. Sie rechnet für diesen Zeitraum mit einem Verlust von 50 Cent pro Aktie.
Die Einbußen stammen nicht nur von US-Hausbesitzern, die ihre Hypotheken nicht mehr zurückzahlen können. Auch der Handel mit Wertpapieren, die durch US-Immobilien abgesichert sind, ist weitgehend zum Erliegen gekommen. Merrill Lynch zählt zu den größten Emittenten der so genannten forderungsbesicherten Wertpapiere. 3,3 Milliarden Dollar Verlust der Bank stammen allein aus dieser Sparte, in der Merrill Lynch derzeit mit 13 Milliarden Dollar engagiert ist. Die Bank zog aus den Zahlen auch personelle Konsequenzen und tauschte die beiden hauptverantwortlichen Mitarbeiter seines globalen Anleihegeschäftes aus. Andere Großbanken hatten aufgrund der Finanzkrise bereits Entlassungen im drei- bis vierstelligen Bereich bekannt gegeben.
Die negativen Folgen der Finanzkrise werden deutlich, seitdem globale Banken ihre Zahlen für das dritte Quartal offenlegen. So hat die Citigroup in der vergangenen Woche 2,7 Milliarden Dollar im Kreditgeschäft abgeschrieben. Auch die Deutsche Bank hatte am Mittwoch erklärt, 3,1 Milliarden Dollar durch die Finanzkrise verloren zu haben. Die britische Hypothekenbank Northern Rock konnte nur durch eine massive Intervention der britischen Zentralbank vor der Pleite gerettet werden. Northern Rock hat sich Zeitungsberichten zufolge etwa 11 Milliarden Pfund von der britischen Notenbank geliehen. Das entspricht etwa 45 Prozent der Einlagen des Baufinanzierers zum Stand Ende Juni.
Trotz der wenig berauschenden Ergebnisse honorierten Investoren die nun gewonnene Transparenz mit steigenden Kursen. Die Aktie von Merrill Lynch legte nach dem Bekanntwerden der Quartalszahlen um 2,3 Prozent zu. Unerwartet gute Arbeitsmarktzahlen aus den USA hatten den DAX am Freitag über 8.000 Punkte steigen lassen. Credit-Suisse-Chef Brady Dougan fürchtet jedoch, dass die Folgen der US-Immobilienkrise noch 6 bis 18 Monate andauern. Erste Hinweise auf die weiteren Auswirkungen auf die US-Wirtschaft geben in dieser Woche neue Zahlen über Einzelhandelsumsätze und das Verbrauchervertrauen. Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hält die schlimmsten Folgen der Finanzkrise bereits für überwunden. "Unter Annahme funktionierender Märkte" rechnet er für sein Unternehmen im kommenden Jahr mit einem Vorsteuergewinn von 8,4 Milliarden Euro.
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