Verkehrswende in Hamburg: In fünf Minuten kommt der Bus

Hamburg will den öffentlichen Nahverkehr bis 2030 massiv ausbauen. Das Ziel: Niemand soll mehr auf den Fahrplan schauen müssen.

Ein kleiner Bus ohne Fahrer steht mit offener Tür an einer Bushaltestelle

Fährt autonom: Kleinbus in der Hamburger Hafencity Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Es war ein Coup im jüngsten Bürgerschaftswahlkampf: Im Dezember 2019 stellte der damalige und heutige Bürgermeister Peter Teschentscher (SPD) den „Hamburg-Takt“ vor. Bis 2030 soll das Bus- und Schnellbahnnetz so ausgeweitet werden, „dass man in ganz Hamburg innerhalb von fünf Minuten ein Angebot des öffentlichen Nahverkehrs erreichen kann“.

Mit dieser Ankündigung wilderte Tschentscher auf dem Gebiet der Grünen, die ja schon länger die Verkehrswende auf den Weg bringen wollen, das aber eher mit dem Fahrrad oder dem Wiederaufbau der Straßenbahn. Der Hamburg-Takt brachte die SPD in die Offensive. Kern ist ein Ausbau und die Modernisierung des U- und S-Bahn- sowie des Busnetzes, verbunden mit besserem Service: Die Hamburger sollen Bus und Bahn fahren nicht nur, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt, sondern weil es Spaß macht und cool ist.

Um fast 50 Prozent soll die Zahl der mit Bussen und Bahnen zurückgelegten Wege in den kommenden zehn Jahren steigen: von 22 auf 30 Prozent. Mehrere Hundert Millionen Euro soll das kosten, so genau legt sich der Senat da nicht fest. Angesichts der ständigen Staus in der Stadt sieht der Erste Bürgermeister keine Alternative. „Das System ist grenzwertig ausgelastet“, sagte er bei der Vorstellung seiner Vision.

Um die „fünf Minuten bis zum öffentlichen Verkehrsmittel“ gewährleisten zu können, sollen die Verkehrsunternehmen 750 emissionsfreie Busse zu den bereits fahrenden 1.500 beschaffen. 600 zusätzliche Haltestellen sollen auch in den weniger dicht bewohnten Stadtteilen den Anschluss sicherstellen. Das Bussystem wird verstärkt durch zusätzliche Expressbuslinien für größere Distanzen, neue Metrobuslinien, die selbst einen 5-Minuten-Takt garantieren und für die es einen Übersichtsplan wie bei der U-Bahn gibt, dazu mehr Standard-Stadtbusse und kleine Quartiersbusse.

Noch besser wäre eine Straßenbahn

Dieses Angebot soll für 85 Prozent der Hamburger vom frühen Morgen bis in die Abendstunden gelten. 15 Prozent sollen durch Rufbusse und Sammeltaxen mobil werden, wie etwa der VW-Dienstleistungstochter Moia, die heute schon im Stadtgebiet unterwegs sind. Denn zum Stadtstaat gehören auch ausgedehnte ländliche Gebiete wie das Gemüseanbaugebiet Vier- und Marschlande. Überhaupt gilt die Garantie nur für die Stadt und nicht das gesamte Gebiet des Hamburger Verkehrsverbundes, das auch die benachbarten Landkreise einschließt.

Der ganze Aufwand soll auch dem Klimaschutz zugute kommen. Der Senat rechnet mit einer Million Tonnen CO2 weniger pro Jahr. Zum Vergleich: Das nun stillgelegte, erst 2015 ans Netz gegangene Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg hätte unter Volllast acht Millionen Tonnen ausgestoßen.

Kritiker aus dem Umfeld der Initiative „Elbtram jetzt!“ rechneten kürzlich vor, dass es noch besser ginge. Der Bau der neuen U-Bahn-Linie 5 induziere auf zehn Jahre gerechnet jährlich 300.000 Tonnen CO2. Bei einer Straßenbahn gehen die Studienautoren von einem Vierzigstel aus. Beim Versuch, eine Straßenbahn zu planen, hat sich allerdings ein früherer schwarz-grünen Senat schon die Finger verbrannt, weil Geschäftsleute und Anwohner entlang der Strecke protestierten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.