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Verkehrssicherheit in BerlinTempolimit? Welches Tempolimit?

Zu schnelles Fahren auf Berliner Straßen ist quasi Normalität. Die Grünen rufen nach digitaler Überwachung und schärferen Sanktionen.

Zahlen, die Sicherheit bedeuten – oder das genaue Gegenteil Foto: imago stock&people

Berlin taz | Die Berliner Grünen fordern die Ausweitung der Geschwindigkeitskontrollen und eine Verschärfung der Sanktionen bei Übertretung der Tempolimits in der Stadt. Vor dem Hintergrund einer polizeilichen Erhebung, die massive und regelmäßige Geschwindigkeitsüberschreitungen auf etlichen Berliner Straßen aufzeigt, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünenfraktion Antje Kapek der taz, die „Erfassungswahrscheinlichkeit“ von Geschwindigkeitsdelikten müsse deutlich steigen, um eine Verhaltensänderung in der Breite der VerkehrsteilnehmerInnen zu erreichen.

Wie der Tagesspiegel berichtet, ergeben „verdeckte“ Geschwindigkeitskontrollen, dass sich von den motorisierten VerkehrsteilnehmerInnen auf manchen Straßen fast niemand an das geltende Tempolimit hält. In vielen anderen Straßen ist das Bild weniger dramatisch, aber auch hier gibt es hohe Missachtungs-Quoten. Nach Auswertung der Ergebnisse von rund 6 Millionen Messungen an 148 Straßen in den vergangenen zwei Jahren halten sich im Schnitt 26 Prozent der Autofahrer nicht an das Tempolimit.

In 25 dieser Straßen war demnach jeder Zweite zu schnell unterwegs, in 15 Straßen waren es mehr als zwei Drittel. Dabei verzeichnen die „unsichtbaren“ Messgeräte, die von der Berliner Polizei temporär angebracht werden, nur Geschwindigkeitsüberschreitungen oberhalb einer Toleranzschwelle von 5 km/h über dem geltenden Tempolimit. Wie sehr jeweils zu schnell gefahren wurde, geht aus den vom Tagesspiegel zitierten Zahlen nicht hervor. Die Polizei konnte entsprechende Nachfragen der taz nicht kurzfristig beantworten.

Die Ergebnisse stehen im Widerspruch zum Durchschnittswert, der von der Polizei seit Langem aus den Messungen durch automatische Blitzer und manuelle Laserkontrollen ermittelt wird. Dort liegt die Überschreitungsrate lediglich bei 5 Prozent der gemessenen Autos. Ein Grund könnte sein, dass feste, aber auch viele temporäre Blitzer sichtbar sind und ihre Standorte über Apps oder von Radiosendern geteilt werden.

Wenig überraschend

Überraschend sind die neuen Zahlen für Antje Kapek nicht. Positiv daran findet sie, dass es nun zumindest ein ehrlicheres Bild von offizieller Seite gebe. Als Konsequenz gegen das weit verbreitete regelwidrige Verhalten fordert sie „flächendeckende Kontrollen und eine deutliche personelle Verstärkung der Bußgeldstelle“. Im Sinne der „Vision Zero“ befürworte sie auch die digitale Überwachung des Verkehrsgeschehens – durch Geräte, die oft in Ampelanlagen integriert werden könnten.

Feste Blitzer amortisierten sich schon neun Monaten, so Kapek. Bei der letzten Sparrunde im Berliner Haushalt seien aber die Mittel für geplante 60 Blitzer gestrichen worden – während die Grünen einen Zuwachs um 100 Stück gefordert hatten. Die Politikerin kann sich auch weitergehende Schritte vorstellen: „In Finnland gibt es drakonische Strafen, die ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 5 km/h einsetzen. Im schlimmsten Fall droht dort lebenslanger Führerscheinentzug.“

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1 Kommentar

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  • Warum können Autos heutzutage überhaupt noch schneller fahren, als es dort erlaubt ist, wo sie gerade unterwegs sind?