Verkehrsplanung in den Berliner Bezirken: Langsam rollt die Wende an
Friedrichshain-Kreuzberg treibt den Umbau seiner Straßen voran – aus den großen Plänen für den Bergmannkiez wird so schnell aber nichts.
Im Bergmannkiez wurden schon vor einigen Jahre verkehrsberuhigende Maßnahmen wie Einbahnstraßenregelungen und Modalfilter (Poller) umgesetzt. Die Bergmannstraße selbst ist seitdem nur noch in Ost-West-Richtung befahrbar, es wurden Pflanzenkübel zur Fahrbahnverengung und Schwellen zur Geschwindigkeitsreduzierung installiert. Für den eigentlichen Plan des Bezirksamts, die Straße zu einer Fußgängerzone zu machen, reichen die vom Land zur Verfügung gestellten Mittel dagegen aktuell nicht aus.
In der soeben vom Senat vorgelegten Investitionsplanung für die kommenden Jahre seien ihres Wissens nur noch 500.000 Euro jährlich für Fußverkehr-Modellprojekte in allen 12 Bezirken enthalten, so Henneberger. „Wenn das so ist, kriegt man von dem Geld höchstens ein paar Poller.“ Für die ambitionierten ersten Ideen, die das Bezirksamt vor einigen Jahren präsentiert hatte, wird es also auf keinen Fall reichen – die hatten sogar ein künstliches Fließgewässer in der Fußgängerzone vorgesehen.
„Wir wollen die Bergmannstraße weiterhin dauerhaft umgestalten“, versprach Gerold. Seit der Vorstellung der ersten Entwürfe hätten sich die Rahmenbedigungen allerdings deutlich verändert.
In Bezug auf die Verkehrsrelation Zossener Straße / Friesenstraße hatte die grüne Senatsverkehrsverwaltung kurz vor dem Regierungswechsel im April 2023 Fakten geschaffen: Sie nahm die Verbindung aus dem sogenannten übergeordneten Hauptstraßennetz heraus und übergab die Zuständigkeit damit dem Bezirksamt – allerdings mit der Auflage, frühestens nach zwei Jahren die Möglichkeit zur Durchfahrt zu unterbinden. Begründung: Die negativen Folgen durch ein zu erwartendes höheres Verkehrsaufkommen auf dem Mehringdamm würden dann geringer ausfallen, weil sich der Anteil elektrischer Fahrzeuge bis dahin weiter erhöht habe.
Abstimmung mit der BVG
Damals teilte das Bezirksamt mit, man werde die Zeit nutzen, „um die Maßnahmen technisch und organisatorisch sowie hinsichtlich der konkreten stadträumlichen Ausgestaltung vorzubereiten“. Allerdings ist eine entsprechende Machbarkeitsstudie laut Gerold und Henneberger noch immer in Arbeit. Insbesondere mit der BVG müsse man sich weiterhin ins Benehmen über die Umsetzbarkeit setzen: Deren Buslinie 248 nutzt die Strecke und soll dies auch noch tun können, wenn auf Höhe der Marheineke-Markthalle für Pkw und Lkw aus beiden Richtungen die Fahrt endet.
Ob es noch im laufenden Jahr Neuigkeiten bei diesem Kreuzberger Dauerbrenner gibt, bleibt abzuwarten. An anderen Stellen konnten Gerold und ihre Mitarbeiterin jedoch Positives berichten: So seien 2024 im Bezirk fast 5 Kilometer Radwege fertiggestellt worden, 13 Gehweg- und Straßensanierungen durchgeführt sowie 26 neue sichere Querungsstellen geschaffen worden.
Zu den Erfolgsnachrichten gehört auch die Schaffung einer Temporären Schulstraße vor dem Kreuzberger Leibnizgymnasium: Weil dessen SchülerInnen in den Pausen nur wenig Platz auf dem Schulgelände haben und der gegenüberliegende Sportplatz an der Gneisenaustraße erneuert wird, sperren nun Schranken die Schleiermacherstraße zu festgelegten Zeiten ab und schaffen Bewegungsraum.
Ruhe im Ostkreuzkiez
In diesem Jahr wollen Gerold und ihr MitarbeiterInnen die unter dem Motto „Xhain Beruhigt Sich“ begonnene Verkehrsberuhigung des Friedrichshainer Ostkreuzkiezes vorantreiben. Mehrere Maßnahmen wie Einbahnstraßen-Abschnitte und eine kurze Fußgängerzone auf der Scharnweberstraße sollen noch im laufenden Quartal umgesetzt werden. Letztere dient als sichere Schulzone vor der Jane-Goodall-Grundschule.
Im Nebennetz für den Radverkehr soll es ebenfalls zügig weitergehen – zumal die Umsetzung neuer Radinfrastruktur an Hauptverkehrsstraßen laut Gerold immer schwieriger wird: Die Senatsverwaltung, die dort das Sagen hat, sorgt sich seit ihrer Übernahme durch die CDU um jeden Parkplatz, der verloren gehen könnte. Auf der Gärtnerstraße in Friedrichshain sowie auf der Alexandrinenstraße in Kreuzberg sollen Fahrradstraßen entstehen und für neue gut befahrbare Verbindungen sorgen. In der Gärtnerstraße etwa wird das Kopfsteinpflaster gegen Asphalt ausgetauscht, um das Fahren mit dem Rad zu erleichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!