Verhandlungen zwischen USA und Taliban: Abzug aus Afghanistan nah
Die langen Verhandlungen zwischen Taliban und den USA scheinen am Ende. Wenn der US-Truppenabzug beginnt, können auch Friedensgespräche starten.
Zuvor führten US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad, selbst afghanischer Herkunft, und der Taliban-Vizechef für politische Fragen, Abdul Ghani, besser als Mullah Baradar bekannt, in Katar zwei Tage lang neue Gespräche. Khalilzad hatte diese Mitte Dezember unterbrochen, nachdem die Taliban den US-Hauptstützpunkt in Afghanistan, Bagram, angegriffen hatten.
Das Abkommen sieht vor, dass kurz danach Friedensgespräche zwischen den aufständischen Taliban und der afghanischen Regierung beginnen. Die Taliban wollten vor einer Einigung auf einen Truppenabzug nicht mit der Regierung in Kabul sprechen. Es deutet sich an, dass diese Gespräche in Deutschland stattfinden könnten.
Schahins drei Tweets sind bisher allerdings die einzigen offiziellen Verlautbarungen zu den Fortschritten in diesen Verhandlungen, die den Weg zu einer Beendigung des über 40 Jahre andauernden Afghanistan-Kriegs öffnen sollen. Darin heißt es, „diese Runde der Gespräche“ werde noch „einige Tage“ andauern. Gleichzeitig aber twitterte er, man habe „über die Unterschrift und die Zeremonie dafür“ gesprochen. Das bedeutet wohl, dass der Inhalt des Abkommens steht und beide Seiten in einer möglicherweise letzten Runde das Abkommen unterschreiben und weitere Schritte bekannt geben werden. Die US-Seite äußerte sich bisher nicht.
Keine vollständige Waffenruhe mit Afghanistans Streitkräften
Gleichzeitig sickerte durch, dass Talibanchef Hebatullah Achunsada grünes Licht für eine zehntägige Waffenruhe mit den US-Streitkräften gegeben habe. Sie soll einen reibungslosen Beginn des Abzugs der noch etwa 13.000 US-Soldaten, der etwa 24.000 privaten Militärdienstleister – die Mehrzahl davon zivile Versorgungsmitarbeiter – und dann wohl auch ihrer Verbündeten gewährleisten. Darunter wären nach letzten vorliegenden Nato-Zahlen 1.300 Bundeswehrangehörige.
Gleichzeitig wollen die Taliban ihre Angriffe auf die afghanischen Streitkräfte verringern, die Waffenruhe aber nicht vollständig auf sie ausdehnen. Zum Thema Waffenruhe twitterte Schahin aber nichts.
Dem Entschluss der Taliban war ein einmonatiger Konsultationsprozess mit den Feldkommandeuren vorausgegangen. In ihrer Hierarchie ist Achunsada – dessen religiöser Titel Amir ul-Momenin (Oberhaupt der Gläubigen) lautet – ein Einzelentscheider.
Wie lange der Abzug dauern wird, ist unklar. Im Vorfeld war zuletzt von 14 Monaten die Rede. Diese kurzfristige Waffenruhe war eine Vorbedingung, die Khalilzad eingeführt hatte, wohl auch, um zu testen, ob alle Taliban-Feldkommandeure sich nach solch einer Vereinbarung richten werden. Allerdings ist kaum vorstellbar, dass sie nicht über den gesamten Abzugsverlauf verlängert wird.
Präsident Ghani läuft Gefahr, Trump zu verärgern
Das Abkommen hatte bereits im vorigen September unterschriftsreif vorgelegen. Dann ließ US-Präsident Donald Trump es in letzter Minute platzen – wie bei ihm üblich, per Tweet. Als Grund führte er an, dass die Taliban zwei Tage zuvor in Kabul einen Anschlag auf einen US-Militärkonvoi verübt und dabei einen US-Militärangehörigen getötet hatten.
Das war allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits mindestens der 17. US-Tote 2019; nach allen anderen waren die Verhandlungen weitergegangen. Eigentlicher Grund, so vermuteten zahlreiche US-Kommentatoren, war Trumps Plan, die Taliban zur Unterschriftsleistung in die USA zu holen und die Lorbeeren für das Abkommen persönlich zu ernten. Die Taliban lehnten ab, und der Deal flog auf.
Die afghanische Regierung lehnte am Freitag das Taliban-Angebot der Gewaltreduzierung ihren Truppen gegenüber ab. Sie besteht auf einer vollständigen Waffenruhe auch für sie. Das Taliban-Angebot ist tatsächlich weniger, als es erscheinen mag, denn US- und afghanische Soldaten sitzen auf gemeinsamen Stützpunkten, nutzen dieselben Straßen und führen oft gemeinsame Operationen durch.
Allerdings läuft Präsident Aschraf Ghani Gefahr, seinen Amtskollegen Trump im Wahljahr zu verärgern. Der will nämlich sein Wahlversprechen von 2016 halten, die Truppen endgültig aus Afghanistan abzuziehen.
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