Verhandlungen der UNO in Syrien: Die letzten Rebellen verlassen Homs

Das Regime übernimmt wieder die Kontrolle über die ehemalige „Hauptstadt der Revolution“. Dafür wurde ein Waffenstillstand ausgehandelt.

Ein zerstörtes Haus, auf der Straße davor läuft eine Frau

Homs im Juni 2014. Foto: ap/File

BERLIN taz | Die letzten bewaffneten Oppositionsgruppen verlassen die ehemalige Revolutionshochburg Homs in Zentralsyrien – falls eine entsprechende Übereinkunft wie vereinbart umgesetzt wird. Zuletzt kontrollierten sie noch das Stadtviertel Waer im Westen von Homs, das seit zweieinhalb Jahren von den Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad belagert wurde. Nur wenige Nahrungsmittel und andere Hilfsgüter erreichten den Ort. Das Viertel wurde mit Artillerie beschossen und aus der Luft bombardiert.

Das Abkommen wurde am Dienstag auf einem Treffen zwischen dem Gouverneur von Homs, Talal Barasi, und Vertretern von Rebellengruppen sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Waer vereinbart. Auch eine Delegation der UNO, darunter der Koordinator für humanitäre Hilfe, Yacub El-Hillo und der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, waren anwesend. Über das Abkommen wurde drei Monate lang verhandelt.

Neben dem Abzug der Rebellen, der kommende Woche beginnen soll, sieht die Vereinbarung einen Waffenstillstand und einen Gefangenenaustausch vor. Außerdem soll humanitäre und medizinische Hilfe nach Waer gelassen und die dortige Infrastruktur wieder instandgesetzt werden.

In Waer leben laut Schätzungen noch 60.000 bis 70.000 Menschen. Die Zahl der Rebellen wird je nach Quelle mit 2.000 bis 3.500 angegeben. Wie der in Waer lebende Aktivist Bebars al-Tatawy der Nachrichtenagentur AP sagte, stimmten alle 45 Rebellengruppen, darunter auch die Al-Nusra-Front, der syrische Ableger von al-Qaida, und die salafistische Ahrar al-Scham, dem Abkommen zu. Den bewaffneten Gruppen wurde zugesichert, in von ihnen kontrollierte Gebiete abziehen zu können.

Für die Eingeschlossenen sind Abkommen oft aus der Not geboren

Sollte die Vereinbarung wie geplant umgesetzt werden, würde die Stadt Homs wieder vollständig von den Truppen Assads kontrolliert werden. Homs liegt an der zentralen Nord-Süd-Verbindung des Landes, etwa auf halber Strecke zwischen der Hauptstadt Damaskus und der ehemaligen Handelsmetropole Aleppo im Norden des Landes.

Vom Autobahnkreuz Homs aus führt eine Abzweigung zudem an die Mittelmeerküste in die Provinzen Tartus und Latakia. Hier leben mehrheitlich Alawiten, eine Religionsgemeinschaft, der auch Assad angehört. Und hier liegt der einzige russische Mittelmeerstützpunkt. Insofern fügt sich das Abkommen mit den Rebellen von Waer in die Strategie des Regimes ein, die vollständige Kontrolle über als zentral erachtete Gebiete zurückzugewinnen.

Vereinbarungen zwischen Vertretern des Regimes und bewaffneten Gruppen gab es in Syrien schon häufig. Für die eingeschlossenen und ausgehungerten Zivilisten und Kämpfer sind solche Abmachungen aus der Not geboren.

Prozess in Etappen

Im Falle von Homs, im Jahr 2011 auch „Hauptstadt der Revolution“ genannt, war es ein Prozess in Etappen. Parallel zu den Friedensgesprächen (“Genf II“) Anfang 2014 in Genf wurde ein Waffenstillstand für Homs vereinbart, um Zivilisten das Verlassen der besetzten Gebiete zu ermöglichen.

Die UNO und das Rote Kreuz evakuierten nach einigen Verzögerungen 1.400 Personen, doch 400 Männer im Alter zwischen 15 und 55 Jahren wurden von den syrischen Behörden zunächst inhaftiert. Im Mai 2014 verließen die in dieser Frage gespaltenen Rebellen im Zuge eines Abkommens mit Vertretern des Regimes die Altstadt von Homs – viele von ihnen in Richtung Waer.

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