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Vergleich von Abtreibungen mit HolocaustSchmähungen untersagt

Vor dem Hamburger Landgericht hat die Ärztin Kristina Hänel einen „Abtreibungsgegner“ verklagt – der hatte sie mit KZ-Wachmannschaften verglichen.

Erfolgreiche Unterlassungsklage: Kristina Hänel vor dem Hamburger Landgericht Foto: picture alliance/Axel Heimken/dpa

Hamburg taz | Erfolg für Kristina Hänel: Vor dem Hamburger Landgericht ist am Freitag die Klage der Gießener Ärztin gegen den Betreiber der Website babykaust.de, Klaus Günter Annen, verhandelt worden. Hänel hatte geklagt, weil Annen sie auf eine Stufe mit Täter*innen des NS-Regimes stelle und Schwangerschaftsabbrüche mit dem Holocaust vergleiche. Die Kammer gab Hänel, die durch die Verurteilung wegen des „Werbens“ für Schwangerschaftsabbrüche Bekanntheit erlangte, recht.

Dabei begann die Verhandlung mit Verspätung. Weder Annen noch sein Anwalt Tomislav Cunovic, der in Frankfurt ultra-katholische Mahnwachen von Abtreibungsgegner*innen organisierte, waren anwesend noch telefonisch oder per Videoanruf zu erreichen. Die Verhandlung fand dann ohne sie statt.

Konkret wegen zweier Textpassagen sowie zweier Bilder hatte Hänel wegen Verleumdung und auf Unterlassung geklagt. Darin bezeichnete Annen die Medizinerin als „Entartete“. Auf den Bildern, die Wachmannschaften eines Konzentrationslagers zeigen, stellte er die Medizinerin auf eine Ebene mit diesen. Das Gericht gab Hänel in diesen Fällen recht.

Skeptisch zeigte sich die Vorsitzende Richterin hingegen zu einer Passage, in der Annen Hänel vorwarf, sie habe „Blut an den Händen“ kleben und dies sei „menschenverachtend“. Nach Ansicht des Gerichts sind diese Aussagen durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Hänel und ihr Anwalt zogen diesen Punkt anschließend aus der Klage zurück.

Wir dürfen diesen Vergleich zwischen dem Holocaust und Schwangerschaftsabbrüchen niemals zulassen

Kristina Hänel

Während der Verhandlung schilderte Hänel ihre Angst vor den Folgen derartiger Schmähungen. „Ich möchte nicht, dass jemand aus diesen Worten Taten folgen lässt – ich möchte nicht eines Tages erschossen werden“, sagte Hänel.

Formal wird das Urteil am Montag gesprochen. Hänel zeigte sich zufrieden. „Wir dürfen diesen Vergleich zwischen dem Holocaust und Schwangerschaftsabbrüchen niemals zulassen“, sagte die Ärztin.

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6 Kommentare

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  • Was folgt aus diesem Urteil?

  • Ich begruesse dieses Urteil, egal was der einzelne zum Thema Abtreibung denkt, ist ein solcher Vergleich einfach nicht in Ordnung

  • Was bilden die Abtreibungsgegner sich eigentlich ein?

  • Hanebüchene Gleichsetzungen

    Die Rechtsauffassung des Hamburger Gerichts ist begrüßenswert. Diese Causa erinnert an das Wirken von Konrad Weiss, MdB im ersten gesamtdeutschen Bundestag nach dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen). 1991 forderte er von der Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, einen Gesetzentwurf seiner eigenen Fraktion zum Abtreibungsparagrafen 218 nicht zuzulassen und stellte in seiner dies begründenden Plenarrede eben die Abtreibung mit dem Holocaust auf eine Stufe, ohne allerdings dafür von der Parlamentspräsidentin gerügt zu werden.

  • Der Holocaustrelativierer kommt nicht mal zur Verhandlung - ich denke, "feiges Würstchen" dürfte da von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.

  • Im Ganzen denke ich eine gute gerichtliche Entscheidung.