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Vergangenheitsbewältigung in PolenSpitzelvorwürfe gegen Lech Wałęsa

Der polnische Ex-Präsident soll für den kommunistischen Geheimdienst gearbeitet haben. Er bestreitet das: Eine angebliche Personalakte sei gefälscht.

Lech Walesa im August 2014. Er soll für den kommunistischen Geheimdienst gespitzelt haben. Foto: reuters

Warschau taz | Lech Wałęsa, einstiger Arbeiterheld von der Danziger Lenin-Werft, Gründer der Gewerkschafts- und Freiheitsbewegung Solidarność und der spätere Präsident Polens, wird den kommunistischen Geheimdienst nicht los. Als „Bolek“ soll der Friedensnobelpreisträger in den 70er Jahren Spitzeldienste geleistet haben.

Jetzt werden die Uralt-Vorwürfe erneut gegen ihn erhoben. „Wir haben im Haus von General Kiszczak eine handschriftlich von Lech Wałęsa unterschriebene Verpflichtungserklärung gefunden“, sagte Łukasz Kamiński, der Leiter des Instituts für das Nationale Gedenken (IPN). Die Behörde verwaltetet die polnischen Stasi-Akten, kann aber auch von sich Ermittlungen aufnehmen.

Lech Wałęsa dementierte sofort die Authentizität der angeblich gefundenen Personalakte des Spitzels Bolek alias Wałęsa. Czesław Kiszczak, der letzte kommunistische Innenminister, war auch für die Geheimdienste zuständig und scheint vor seinem endgültigen Machtverlust zahlreiche Schlüsseldokumente entwendet zu haben. Im November 2015 starb er.

Seine Witwe wurde Anfang Februar im IPN vorstellig und wollte – so stellt es die Behörde dar – die einst gestohlenen Dokumente dem IPN, also dem rechtmäßigen Eigentümer, für 90.000 Złoty (rund 20.500 Euro) verkaufen. Maria Kiszczak stellte es im Radio RMF anders da. Sie sei mit ein paar „Bolek-Papieren“ ohne jede Verkaufsabsicht zum IPN gegangen. Dort habe man sie aber gefragt, wie viel Geld sie für das gesamte Aktenpaket haben wolle.

Verpflichtungserklärung unterschrieben

Bekannt ist seit Jahren, dass Wałęsa eine Verpflichtungserklärung unterschrieben hatte – um aus dem Gefängnis freizukommen, als seine junge Frau hochschwanger war. Danach erzählte Wałęsa ringsum, dass er unterschrieben hatte, wodurch er für Spitzeldienste „verbrannt“ war.

Doch dann wurde der Elektriker immer wichtiger, organisierte Streiks und scharte Millionen Arbeiter in Polen um sich. Um die Gewerkschafts- und Freiheitsbewegung zu spalten, fabrizierte der Geheimdienst Spitzelpapiere und setzte Verschwörungstheorien gegen Wałęsa in die Welt, der eine Reihe von Solidarność-Mitgliedern Glauben schenkten. Darunter waren auch die Kaczyński-Zwillinge, die zu erbitterten Feinden Wałęsas wurden.

Ob die Bolek-Wałęsa-Personal-Akte von Wałęsa unterzeichnete Dokumente enthält, gefälschte Papiere oder beides, wird wohl erst in einigen Jahren genau festgestellt werden können.

Zurzeit sind das IPN, die Geheimdienste, die Polizei und Staatsanwaltschaft, die Staats-Medien, die Regierung und das Parlament in Händen der rechtsnationalen Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter JarosławKaczyński. Dieser kündigte 2010 nach dem Tod seines Bruders an, dass anstelle des „völlig korrumpierten Wałęsas Lech Kaczyński zur Symbolgestalt der Solidarność aufsteigen“ werde.

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3 Kommentare

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  • So läuft es überall, auch bei uns.

    Man schmeißt mit Dreck, um den unliebsamen "Gegner", der sich meist durch überdurchschnittliche Menschlichkeit auszeichnet, los zu werden.

    Wenn Walesa als Spitzel des Regimes dieses wirklich zum Wanken und dann zum Sturz gebracht hätte, so wäre er ein verkanntes Genie. Dies wäre noch bemerkenswerter, als die bemerkenswerte Tatsache, dass ein "einfacher Arbeit" zur zentralen Lichtgestalt eines Umsturz werden konnte. (Womit Walesa übrigens der kommunistischen Doktrin vom Arbeiter und Proletarier, als eben genau diesem den Todesstoß gibt).

    • 1G
      19412 (Profil gelöscht)
      @Wolfgang:

      Ein wichtiger Hinweis zum Thema "mit Dreck schmeißen":

       

      Lukasz Kaminski, Leiter des Institut des Nationalen Gedenkens (IPN), wurde bereits 2011 ins Amt berufen. Diese Einberufung erfolgte durch das Parlament (Sejm) - wer war damals an der Macht und hatte die Parlamentsmehrheit: PO.

       

      Man kann ihm also nicht den Vorwurf machen, daß er PiS-freundliche Propaganda betreibt.

       

      Er ist ein Absolvent und Mitarbeiter des Instituts für Geschichte der Universität Wroclaw. Nachvollziehbar über https://pl.wikipedia.org/wiki/%C5%81ukasz_Kami%C5%84ski

  • 1G
    19412 (Profil gelöscht)

    Was soll dieses unsinnige Polen-Bashing am Schluss dieses Artikels?

     

    Zitat: "Zurzeit sind das IPN, die Geheimdienste, die Polizei und Staatsanwaltschaft, die Staats-Medien, die Regierung und das Parlament in Händen der rechtsnationalen Recht und Gerechtigkeit (PiS)"

     

    Zu den Tatsachen: Die oben genannten polnischen Institutionen unterstehen einer demokratisch gewählten Regierung. Also ist Polen in der gleichen Situation wie alle anderen EU-Staaten. Und eine dieser Institutionen hat etwas gefunden, was vermutlich div. Leuten nicht in den Kram passt.

     

    Was will die Autorin dieses Artikels nun mit dieser fragwürdigen Aussage im letzten Absatz wohl sagen? Vermutlich alles in Frage stellen, was nun über Herrn Walesa herauskommt? Und was soll das? Wenn Tatsachen auf den Tisch kommen, ist das nun mal so. Schönreden hilft da nicht.