Minderheiten in Niedersachsens Landtag: Die Groko bricht ihr Versprechen

Niedersächsische Grüne und FDP kritisieren die Große Koalition. Die hatte Unterstützung versprochen. Nun muss die Opposition auf die AfD hoffen.

Protestschilder gegen das Polizeigesetz bei einer Demo in Hannover

Verfassungskonform? Grüne und FDP wollen das Polizeigesetz prüfen lassen Foto: dpa

Hamburg taz | Auf das Wort der niedersächsischen Landesregierung kann sich die Opposition nicht verlassen. Schon im Koalitionsvertrag hatten SPD und CDU versprochen, dass sie die Minderheitenrechte im Landtag stärken wollen. „Eine starke Demokratie braucht eine Opposition, die ihre Kontrollfunktion wirkungsvoll ausüben kann“, heißt es dort. Jetzt, da es aber konkret darum ginge, diese Ankündigung wahr zu machen und ein mündlich gegebenes Versprechen zu halten: Pustekuchen!

Die große Koalition hat im Landtag 105 von 137 Sitzen inne. Um Akteneinsicht einzufordern, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen oder ein Gesetz mithilfe einer Normenkontrollklage vor dem Staatsgerichtshof überprüfen zu lassen, brauchen die Oppositionsparteien ein Fünftel der Stimmen im Landtag – das aber können Grüne und FDP nur gemeinsam mit der AfD erreichen. Die Oppositionsparteien wollen aber nicht auf die Unterstützung der AfD angewiesen sein.

Sie forderten deshalb eine Änderung in der Landesverfassung, um die genannten Oppositionsrechte mit weniger Stimmen wahrnehmen zu können. Die große Koalition versprach stattdessen eine „öffentliche Vereinbarung“. Man werde Grünen und FDP, wenn es konkret würde, die fehlenden Stimmen leihen.

Nun ist dieser Fall eingetreten. Grüne und FDP wollen das im Mai beschlossene niedersächsische Polizeigesetz vom Staatsgerichtshof auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen. Von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist jedoch zu hören: „Damit wäre ja der Gedanke verbunden, dass Abgeordnete, die selbst für ein Gesetz gestimmt haben, anschließend gegen ihr eigenes Gesetz vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg klagen.“

Keine schriftliche Vereinbarung

Der SPD-Abgeordnete Wiard Siebels bezeichnet die Situation als „missliche Lage“. Es sei tatsächlich über die Normenkontrollklagen mit der Opposition diskutiert worden, doch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages habe abgeraten. Die Frage stehe im Raum, ob ein Abgeordneter, der für ein Gesetz gestimmt habe, überhaupt gegen dieses Gesetz klagen dürfe, so Siebels.

Eine schriftliche Vereinbarung gab es nie. „Und jetzt haben wir die Situation, die wir nie haben wollten“, ärgert sich Julia Hamburg (Grüne). Die AfD hat bereits angekündigt, für die Überprüfung des Polizeigesetzes zu stimmen. Andrea Maestro

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