Verfahren gegen Künstler in Kuba: Hinter verschlossenen Türen

In Kuba stehen zwei Künstler vor ihrer Verurteilung. Der Prozess, bei dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, verletzte selbst kubanische Standards.

Vor einem Tor stehen mehrere Personen

Europäische Diplomaten durften nicht ins Gerichtsgebäude Foto: Ramon Espinosa/ap

HAMBURG taz | Weiträumig war das Gerichtsgebäude in Havannas Stadtteil Marianao von der Polizei abgesperrt. Uniformiert, aber auch in zivil waren Beamte im Einsatz, um aus einem öffentlichen Prozess einen hinter verschlossenen Türen zu machen. Nur Zeugen, einige Angehörige und die Anwälte der beiden Angeklagten, Maykel „Osorbo“ Castillo und Luis Manuel Otero Alcántara, waren zugelassen.

Die beiden Künstler, der eine Rap-Musiker, der andere plastischer Künstler, gehören dem regierungskritischen Movimiento San Isidro (MSI) an. Maykel Castillo wurde im Mai 2021, Luis Otero Alcántara am 11. Juli 2021, dem Tag der inselweiten Proteste, festgenommen und beide wurden seitdem in Untersuchungshaft festgehalten. „Ohne dass es eine Anklage gab“, kritisiert Laritza Diversent, Direktorin von CubaLex, einer aus den USA arbeitenden juristischen Beratungsorganisation.

Zulässig sind in Kuba 90 Tage Untersuchungshaft – die wurden in beiden Fälle überschritten. Dagegen hat Luis Manuel Otero Alcántara mehrfach mit einem Hungerstreik protestiert, ohne jedoch die gewünschte Freilassung zu erreichen.

Die ist mit dem Prozess in weite Ferne gerückt, denn die Staatsanwaltschaft hat eine Haftstrafe von sieben Jahren für ihn und von zehn Jahren für Maykel Castillo gefordert. Den beiden inselweit bekannten Künstlern wird die „Störung der öffentlichen Ordnung“, sowie deren „Missachtung“ vorgeworfen.

Europäische Diplomaten mussten draußen warten

Hinzu kommen im Fall von Otero Alcántara die „Schändung patriotischer Symbole“, weil er die kubanische Flagge für Kunstprojekte nutzte. Castillo wird zudem die „Diffamierung staatlicher Autoritäten und Institutionen“ anhand mehrerer Posts auf Facebook und anderen Plattformen zur Last gelegt, so seine Freundin Anamely Ramos.

Ramos, kubanische Bürgerin, wurde die Einreise nach Kuba vor einigen Monaten verweigert – sie wurde de facto ausgebürgert. Die Ausbürgerung haben die Verantwortlichen auch Luis Manuel Otero Alcántara als Alternative zur Gefängnisstrafe angeboten. Das versicherte er in einer Audiobotschaft aus dem Gefängnis, und Familienangehörige bestätigen das.

Für Yunior García Aguilera, der im November 2021 zum „friedlichen Marsch für den Wandel“ in Kuba aufgerufen hatte, ist das typisch für die kubanischen Behörden. „Luis Manuel und Maykel sind unbequem. Sie erreichen in Kuba viele Menschen. Daher soll verhindert werden, dass sie erneut auf der Straße aktiv werden“, meint der seit dem 18. November in Madrid lebende Kubaner.

Er hat politisches Asyl beantragt und lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass der Prozess gegen die beiden Künstler ein politischer ist. „In Kuba gibt es keine Gewaltenteilung, sondern eine Einheit der Gewalten. Das hat Präsident Miguel Díaz-Canel öffentlich in einer Rede im Oktober 2021 bestätigt“, so der Theaterdramatiker gegenüber der taz.

Nach dem Verfahren, das am Montag begann und am Dienstagnachmittag endete, hat das Gericht nun formal 21 Tage Zeit, um das Urteil zu fällen, so Laritza Diversent. Sie glaubt nicht an einen Freispruch.

Doch auch der ist angesichts des anstehenden Amerika-Gipfels vom 6.-10. Juni und des großen internationalen Interesses durchaus möglich. Allerdings deutet die Tatsache, dass Diplomaten von mindestens sechs europäischen Botschaften, darunter die deutsche, genauso wie akkreditierten Me­di­en­ver­tre­te­r:in­nen der Zugang zum Prozess kategorisch verweigert wurde, in eine andere Richtung. Zwar sind Prozesse in Kuba formal öffentlich zugänglich, aber auch das spielte in den letzten Monaten bereits keine Rolle mehr.

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