Verbote von Protestcamps: Polizeistadt Hamburg
Erneut pfeift die Polizei aufs Versammlungsrecht. Dass sie damit durchkommt, ist Ausdruck politischen Unwillens, aus dem G20-Scheitern zu lernen.
Wenn's vor Gericht geht, ist alles lange vorbei: Polizisten sperren 2017 das G20-Protestcamp ab Foto: Bodo Marks/dpa
Es ist eine unverblümte politische Strategie und darum ein andauernder Skandal: Immer wieder und wider besseres Wissen ignoriert die Hamburger Versammlungsbehörde, was im Versammlungsrecht steht und wie Gerichte darüber entscheiden.
Regelmäßig nimmt die Polizei damit die Rechtswidrigkeit ihrer Maßnahmen und die Verletzung von Grundrechten in Kauf. Wenn Gerichte sie Jahre später feststellen: scheißegal. Konsequenzen hat so eine Feststellungsklage ja nicht: keine personellen, keine strukturellen und politische schon gar nicht.
Jetzt will die Polizei mit dem „System Change Camp“ im Stadtpark erneut ein legitimes Protestcamp verhindern, obwohl sich das Polizei-Justiziariat vor gerade mal drei Monaten erst ins Notizbuch schreiben musste, dass das Hamburger Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, dass ein entsprechendes Verbot während des G20-Gipfels 2017 rechtswidrig gewesen war.
Drei Wochen später hat auch das Bundesverwaltungsgericht (BVG) entschieden, dass ein Klimacamp im Rheinland im August 2017 Versammlungscharakter hatte und damit besonders geschützt war. Auch dort hätte die Versammlungsbehörde zulassen müssen, dass auf einem Feld in der Nähe auch Schlafzelte aufgebaut werden.
Dass die Polizei in Hamburg angesichts solch aktueller und eindeutiger Urteile immer noch an ihrer Strategie festhalten kann, macht einen noch größeren Skandal deutlich: den politischen Unwillen des rot-grünen Senats, aus dem völlig eskalierten G20-Gipfel zu lernen, Fehler einzugestehen und Konsequenzen zu ziehen.
Wenn die Polizei nach Belieben Recht interpretieren und brechen kann, wird sie als politischer Akteur installiert, der sie in einem Rechtsstaat nicht sein darf. Wenn legitimer Protest immer wieder diffamiert, kriminalisiert und verhindert wird, wird er als politischer Akteur delegitimiert und zum Gegenstand rein technokratischer Lösungen politischer Konflikte. Wer das nicht verhindert, untergräbt die Grundfeste einer demokratischen Gesellschaft. Willkommen in der Polizeistadt Hamburg!
Verbote von Protestcamps: Polizeistadt Hamburg
Erneut pfeift die Polizei aufs Versammlungsrecht. Dass sie damit durchkommt, ist Ausdruck politischen Unwillens, aus dem G20-Scheitern zu lernen.
Wenn's vor Gericht geht, ist alles lange vorbei: Polizisten sperren 2017 das G20-Protestcamp ab Foto: Bodo Marks/dpa
Es ist eine unverblümte politische Strategie und darum ein andauernder Skandal: Immer wieder und wider besseres Wissen ignoriert die Hamburger Versammlungsbehörde, was im Versammlungsrecht steht und wie Gerichte darüber entscheiden.
Regelmäßig nimmt die Polizei damit die Rechtswidrigkeit ihrer Maßnahmen und die Verletzung von Grundrechten in Kauf. Wenn Gerichte sie Jahre später feststellen: scheißegal. Konsequenzen hat so eine Feststellungsklage ja nicht: keine personellen, keine strukturellen und politische schon gar nicht.
Jetzt will die Polizei mit dem „System Change Camp“ im Stadtpark erneut ein legitimes Protestcamp verhindern, obwohl sich das Polizei-Justiziariat vor gerade mal drei Monaten erst ins Notizbuch schreiben musste, dass das Hamburger Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, dass ein entsprechendes Verbot während des G20-Gipfels 2017 rechtswidrig gewesen war.
Drei Wochen später hat auch das Bundesverwaltungsgericht (BVG) entschieden, dass ein Klimacamp im Rheinland im August 2017 Versammlungscharakter hatte und damit besonders geschützt war. Auch dort hätte die Versammlungsbehörde zulassen müssen, dass auf einem Feld in der Nähe auch Schlafzelte aufgebaut werden.
Dass die Polizei in Hamburg angesichts solch aktueller und eindeutiger Urteile immer noch an ihrer Strategie festhalten kann, macht einen noch größeren Skandal deutlich: den politischen Unwillen des rot-grünen Senats, aus dem völlig eskalierten G20-Gipfel zu lernen, Fehler einzugestehen und Konsequenzen zu ziehen.
Wenn die Polizei nach Belieben Recht interpretieren und brechen kann, wird sie als politischer Akteur installiert, der sie in einem Rechtsstaat nicht sein darf. Wenn legitimer Protest immer wieder diffamiert, kriminalisiert und verhindert wird, wird er als politischer Akteur delegitimiert und zum Gegenstand rein technokratischer Lösungen politischer Konflikte. Wer das nicht verhindert, untergräbt die Grundfeste einer demokratischen Gesellschaft. Willkommen in der Polizeistadt Hamburg!
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Schwerpunkt G20 in Hamburg
Kommentar von
Robert Matthies
Redakteur taz nord
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