Verband der Familienunternehmen und AfD: Brandmauer in der Wirtschaft bröckelt
Der Verband „Die Familienunternehmer“ will mit der AfD lieber diskutieren als sie zu isolieren. In der Zivilgesellschaft kommt der Tabubruch nicht gut an.
Der Lobbyverband Die Familienunternehmer erntet für das Aufgeben der Brandmauer-Strategie gegen die AfD scharfe Kritik aus der Zivilgesellschaft. „Der Verband sucht nun ganz offiziell den Austausch mit Rechtsextremen“, sagte Felix Kolb, Vorstand der zivilgesellschaftlichen Kampagnenorganisation Campact, am Montag der taz.
Kaum bestehe die Gefahr, dass Rechtsextreme in die Nähe der Macht kommen, würden die sonst auch von der Unternehmenslobby gerne beschworenen Werte von Demokratie, Rechtsstaat und offener Gesellschaft über Bord geworfen. „Offenbar sind manche Lobbyisten inzwischen bereit, für kurzfristige Geschäfte unsere Demokratie aufzugeben“, so Kolb.
Zuvor berichtete das Handelsblatt, dass der Verband seine Strategie gegenüber der Partei geändert habe. „Im Kern geht es um die Interpretation, was die Brandmauer zur AfD überhaupt ist bzw. was sie bezwecken soll“, sagte Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann der Zeitung. So sei das „Kontaktverbot“ zu AfD-Bundestagsabgeordneten mit dem jüngsten Parlamentarischen Abend Anfang Oktober aufgehoben worden. Bereits im Frühjahr sei im Verband beschlossen worden, „dass wir mit einzelnen AfD-Fachpolitikern ins Gespräch kommen“, erzählte Ostermann weiter.
Verband vertritt unter anderem auch BMW
Der Verband vertritt eigenen Angaben zufolge rund 6.500 Familienunternehmen. Darunter sind auch große Konzerne wie BMW oder Merck. Der Verband vertritt in der Regel neoliberale Positionen. In der Energiepolitik wirbt er für „marktwirtschaftliche Lösungen“, in der aktuellen Rentendiskussion spricht er sich gegen eine Stabilisierung des Rentenniveaus aus.
„Dass ein solcher Lobby-Akteur sich von der Brandmauer zur AfD verabschiedet, ist für uns als Demokratieorganisation bedenklich“, warnt auch Kathrin Anhold von der Organisation Lobbycontrol. Es könne als Zeichen gelesen werden, „dass Großunternehmen und Überreiche sich auf AfD-Regierungsbeteiligung vorbereiten und für ihre Profitinteressen die Stärkung von anti-demokratischen Kräften in Kauf nehmen“.
„Das ist extrem kurzsichtig – auch für unsere Wirtschaft“, sagt Campact-Vorstand Kolb. Es sei erschütternd, wie wenig die Lobbyisten offenbar aus der Geschichte und der Auseinandersetzung mit dem neuen Rechtsextremismus gelernt hätten.
Deutsche Bank kündigt Vertrag für eine künftige Veranstaltung
Die Deutsche Bank hat nach Informationen des „Handelsblatts“ auf die Einladung von AfD-Vertretern zu einem Treffen des Verbands der Familienunternehmer in ihren Räumlichkeiten reagiert und einen Vertrag für eine künftige Veranstaltung gekündigt. Das berichtete die Zeitung am Montag unter Verweis auf „mit dem Sachverhalt vertraute Personen“. Zum parlamentarischen Abend der Familienunternehmer im Oktober waren erstmals auch AfD-Abgeordnete eingeladen worden.
Die Veranstaltung sollte im kommenden Jahr erneut in der Berliner Repräsentanz der Deutschen Bank stattfinden. Die Vertragskündigung bestätigte die Bank laut „Handelsblatt“ zunächst nicht offiziell. Zu der Einladung von AfD-Abgeordneten erklärte ein Sprecher lediglich, dass die Deutsche Bank „keine Kenntnis von der Gästeliste und auch keinen Einfluss darauf“ gehabt habe.
Mit Agenturmaterial.
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