Verbalattacken des US-Präsidenten: Donald Trump, Rassist und Stratege
Die rassistischen Hasstiraden des US-Präsidenten sind widerlich – aber leider politisch wirksam. Sein eigentliches Ziel dabei: die Demokraten.
K ein Zweifel, die Aufforderungen des US-Präsidenten Donald Trump an vier nichtweiße demokratische Kongressabgeordnete, in ihre vermeintlichen Heimatländer „zurückzugehen“, sind Rassismus pur. „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, skandieren die Nazis hierzulande – fast wortgleich sagt Trump das über die jungen Linken of color.
Und der gleiche Mob, der zu seinen Veranstaltungen zusammenkommt und 2016 noch „Lock her up!“ brüllte und Hillary Clinton ins Gefängnis stecken wollte, schreit heute „Send her back!“ und meint die in Somalia geborene muslimische US-Amerikanerin und Abgeordnete Ilhan Omar. Das ist weißes, völkisches Denken. Und in einem Land, das trotz acht Jahren eines Schwarzen Präsidenten weit davon entfernt ist, seine rassistische Grundstruktur überwunden zu haben, sind solche Tiraden überaus gefährlich.
Aber sie sind eben auch politisch und wirksam. Trumps auf der Ablehnung nichtweißer Migration begründeter Wahlkampf und sein Slogan „Make America Great Again“ knüpft nahtlos an das rassistische rechtsextreme Gerede vom drohenden „Völkermord an den Weißen“ (white genocide) an, das hierzulande mit Worten wie „Umvolkung“ und „Bevölkerungsaustausch“ paraphrasiert wird. Leute und Gruppierungen, die derartiges vertreten, hat es immer gegeben – in der jüngeren Geschichte aber nicht im Weißen Haus. Die globale völkische Rechte hat mit Trumps Wahlsieg 2016 einen riesigen Schritt gemacht, und sie wächst weiter.
Aber auch kurz- und mittelfristig kann Trump sich auf die Schulter klopfen. Mit den rassistischen Sprüchen zwingt er alle Demokrat*innen in die Solidarität mit den vier Abgeordneten – um dann lautstark vor einer linksextremistischen Übernahme der Demokratischen Partei zu warnen, deren geplante Zerstörung der USA nur er verhindern könne. Dass die etwas radikalere Linke innerhalb der Demokrat*innen noch immer eine Minderheit aus dem städtischen Milieu ist – geschenkt. So mobilisiert Trump seine Wähler*innen.
Und er schafft es noch dazu, dass die Demokrat*innen kaum noch öffentlich für ihre alternativen Politikvorschläge in Sachen Mindestlohn, Krankenversicherung oder Umweltpolitik wahrgenommen werden. Trump will, dass Trump das Thema ist. Er braucht die Empörung wie der Fisch das Wasser. Das hat 2016 geklappt, es könnte wieder klappen. Aussichtslose – und in diesem Fall auch substanzlose – Amtsenthebungsversuche wie am Mittwoch sind ihm eine Freude.
US-Präsident Donald Trump ist ein Rassist. Ein Stratege aber leider auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden