Veranstaltung zu Muttersprache: Arabisch ist ein Potenzial
Syrer möchten ihren Kindern die Muttersprache erhalten. Die Newsplattform Amal, Berlin! lädt zur Diskussion in der Werkstatt der Kulturen.
Viele Menschen, die in den vergangenen Jahren aus arabischsprachigen Ländern nach Berlin gekommen sind, wünschen sich mehr institutionelle Angebote für Mehrsprachigkeit. Die Sorge, dass ihre Kinder in Deutschland die arabische Sprache verlernten, treibe vieler ihrer LeserInnen um, berichten Amloud Alamir und Julia Gerlach von der Online-Nachrichtenplattform „Amal, Berlin!“.
Auf „Amal, Berlin!“ berichten JournalistInnen aus dem Nahen Osten auf Arabisch und Persisch über lokale Themen in Berlin. „Viele Familien fragen sich, was mit der Identität der Kinder passiert, wenn sie kein Arabisch mehr sprechen.“
Die Sorge ist begründet: Kinder, die etwa noch in Syrien mit der Schule begonnen haben und in Berlin weiterführende Schule besuchen oder hier erst eingeschult wurden, beherrschen die deutsche oft deutlich besser als die arabische Sprache. „Viele syrische Eltern haben sich sehr bemüht, schnell Deutsch zu lernen. Mit ihrer Muttersprache lässt man die Kinder nun aber alleine“, so die beiden Journalistinnen von Amal.
Für Kinder, die mangels Angeboten an den öffentlichen Schulen am Wochenende oder abends noch privaten Arabisch-Unterricht besuchen, wird die Muttersprache damit häufig zur Doppelbelastung. Viele von ihnen hätten nicht die Motivation, am Samstag noch zusätzlich die Schulbank zu drücken, so die Journalistinnen.
Anerkennung ihrer Identität
Für die Eltern ist das Angebot außerdem nicht transparent genug. „Säkular eingestellte syrische Familien wollen ihre Kinder nicht in Moscheen schicken, um dort unterrichtet zu werden. Sie wünschen sich, dass Arabisch ebenso wie andere Sprachen auch in der normalen Schule angeboten wird.“ Normalität spiele dabei eine zentrale Rolle: Die Förderung der Muttersprache empfänden viele als Anerkennung ihrer mehrsprachigen Fähigkeiten und ihrer Identität. „Und sie birgt ein großes interkulturelles Potenzial, das in der Gesellschaft gebraucht wird“, ergänzen Alamir und Gerlach.
Bereits im September 2018 hatte der Berliner Senat beschlossen, die Mehrsprachigkeit an Schulen zu fördern. Seitdem wird an mehreren Grundschulen Arabisch als muttersprachlicher Unterricht angeboten. Eine Umfrage der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie an allen Schulen hatte ergeben, dass insbesondere für Arabisch und Türkisch eine große Nachfrage für herkunftssprachlichen Unterricht besteht – schließlich sprechen an Berliner Grundschulen 45 Prozent der Kinder nicht Deutsch als Muttersprache. Insgesamt sei das Angebot aber noch viel zu gering, um all diese Kinder zu erreichen, so Alamir und Gerlach von „Amal, Berlin!“.
„Arabisch in Gefahr – verlernen die Kinder unsere Sprache?“ am Mittwoch, 11. Dezember, 18.30 in der Werkstatt der Kulturen, Wissmannstraße 32, Neukölln. Die Veranstaltung findet auf Arabisch statt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?