Vegetarische Wurst: Lecker Ersatz
Fleischproduzenten verkaufen auf einmal vegetarische Alternativen zur Wurst. Nicht weil sie bekehrt wurden. Weil es ein gutes Geschäft ist.
Keine Frage – sie sind böse. Fleischkonzerne sind das letzte Element einer Kette, in der Tiere meist ohne Licht und Platz gehalten, mit Medikamenten vollgestopft, in einen Lkw gepfercht und zum Schlachthof gefahren werden, um schließlich äußerst unsanft zu sterben.
Und nun machen die Hersteller auf einmal einen auf „gut“. Produzieren vegetarische Alternativen. Vegetarisch. Ohne Fleisch. Und was passiert? Die Leute reißen ihnen die Produkte aus den Händen. Der Wursthersteller Rügenwalder Mühle verkauft mittlerweile vier- bis fünfmal so viel vegetarische Mortadella wie von der gleichen Sorte aus Fleisch. Was ist da los?
Für die Konzerne sind die Ersatzprodukte eine super Sache: Fleisch ist teuer, der Weg vom Tier zum Produkt aufwendig und lang, und das Produkt liegt hinterher trotzdem zum Dumpingpreis beim Discounter in der Kühltruhe. Ganz anders die Ersatzprodukte: Eier, Öl, Wasser, ein paar Zusatzstoffe – das kostet fast nichts. Und der Brotbelag liegt hinterher im Spezialregal. Dort also, wo ihn Kunden in den Einkaufswagen legen, die auf ihre Ernährung achten und gerne bereit sind, dafür etwas mehr zu zahlen. Auch dafür, dass die fleischessenden Freunde nicht so schräg gucken, wenn man sich das Brot mit Gemüse belegt.
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Den Herstellern kommt dabei gelegen, dass Menschen aus so unzähligen Gründen auf tierische Produkte verzichten, wie es Vegetarier und Veganer gibt. Manche mögen einfach den Geschmack von Fleisch nicht, andere nicht die Konsistenz. Wieder andere wollen nicht, dass Tiere getötet werden. Den Vierten ist das Töten eher egal, ihnen geht es um artgerechte Haltung. Und manchen ist der Umweltaspekt wichtig: Sie achten auf den ökologischen Fußabdruck.
Da stehen Fleischprodukte ganz oben, ihre Herstellung verbraucht am meisten Ressourcen wie Wasser und Energie. Es gibt also genug Menschen, die kein Fleisch essen, obwohl sie den Geschmack mögen oder nicht missen wollen. Für sie gibt es die Ersatzprodukte. Frikadellen ohne Hackfleisch, Schinken ohne Schwein, Schnitzel ohne Kalb.
Der Markt wächst: Auch wenn die Daten über Vegetarier und Veganer eher grobe Schätzungen sind als harte Statistik – es gibt genügend Indizien: Vegetarische und auch vegane Restaurants sind nicht mehr nur ein Großstadtphänomen, vegane Supermärkte melden Millionenumsätze, und mittlerweile sind auch im Standarddiscounter explizit als vegan etikettierte Produkte zu finden. Dort allerdings meist unter dem Label „pflanzlich“ – man will ja die Fleischesser nicht abschrecken.
Essbare Fasern
Natürlich ist das, was die vegetarische Ersatzwurst zur Wurst macht, Geschmacksache. Verdickungsdmittel, Sojaproteinisolat, Anthocyane – das klingt eher nach Laborprodukt als nach Lebensmittel. Doch auch Fleischesser bleiben nicht vom Laborprodukt verschont: Imitatfleisch auf Pizza, das nur etwa zur Hälfte aus Tier besteht. Und – sobald die Produktion sich rechnet – Analogfleisch. Essbare Fasern, im Labor gewonnen aus Zellen statt von Tieren aus dem Stall.
Abgesehen von der Frage, ob das dann noch Fleisch ist, kommt es letztlich nur auf eines an: die Vermarktung. Was passiert, wenn ein Unternehmen das nicht erkennt, bekam vor einiger Zeit der Discounter Netto zu spüren: Er hatte Hackfleisch mit Eiweiß, Mehl und gefärbtem Wasser gestreckt – und so mal eben unter dem Label einer angeblich fettarmen Ernährung die Gewinnspanne erhöht.
Dabei wäre es ganz einfach gewesen: Er hätte den Fleischanteil komplett weglassen und das Produkt als vegetarisches Hackfleisch vermarkten müssen. Ganz sicher: Es wäre sofort ausverkauft gewesen.
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