Vaterschaftsurlaub und Elternzeit: Recht auf Abtauchen
Das Recht auf Vaterschaftsurlaub kommt und das ist gut so. Die bezahlten Tage sind ein Anstoß, die Anwesenheit von Männern in der Familie zu stärken.
D ie ersten Wochen mit einem Neugeborenen sind eine Ausnahmesituation, in der längst viele Väter (und andere Co-Elternteile) Urlaub nehmen – um dabei zu sein, zu unterstützen, zu erleben. Das geht am besten, wenn sich die Familie kurz aus der Welt draußen herausziehen kann. Nun gibt es also mit dem Vaterschaftsurlaub offizielle Unterstützung dafür, der 2024 kommen soll und mit dem die Bundesregierung verspätet eine EU-Richtlinie umsetzt.
Zwei Wochen mehr frei in einem Jahr mit Baby – das ist nicht die Welt, aber dennoch eine deutliche Würdigung des zweiten Elternteils. Die EU unterstreicht dies, indem sie die Umsetzung von Deutschland verlangte, unabhängig von der vergleichsweise bereits recht großzügigen Elterngeld-Regelung.
Dass die Familienministerin das Verschieben des Urlaubs-Starts auf 2024 mit der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Unternehmen begründet, weist wiederum auf das große Ganze hin: die ewige Krux, dass Kinder und Beruf, Privatleben und Leistungsgesellschaft nur unter fortwährendem Gezerre zu vereinbaren sind. Wie viel Familienzeit können sich Menschen erlauben, ohne dass es beruflich Druck gibt? 2021 nahmen Väter durchschnittlich 3,7 Monate Elterngeld in Anspruch (inklusive des „Elterngeld Plus“) – Mütter 14,6. Dass Männer auch deshalb immer noch zurückstehen, weil Vorgesetzte ihnen abwehrend begegnen, ist anzunehmen.
Der Zusatzurlaub zugunsten der Väter könnte ein weiterer Anstoß für sie sein, die Anwesenheit in der Familie höher zu schätzen und sich mehr dafür einzusetzen. Wie sehr solche Angebote die Wahrnehmung verändern können, letztlich auch in Unternehmen, zeigt sich beim Blick nur wenige Jahrzehnte zurück, als Elternzeit noch Erziehungsurlaub genannt wurde und für Väter gar nicht gedacht war.
Apropos Namensgebung: Die zwei freien Wochen nach der Geburt „Urlaub“ zu nennen – warum nicht. Es ist ja eine bezahlte Auszeit vom Betrieb. Aber der Einfachheit halber könnte er doch Baby-Urlaub heißen. Denn darum geht es schließlich – für alle, die ihn in Anspruch nehmen dürfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers