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Vaterschaftsurlaub und ElternzeitRecht auf Abtauchen

Anne Diekhoff
Kommentar von Anne Diekhoff

Das Recht auf Vaterschaftsurlaub kommt und das ist gut so. Die bezahlten Tage sind ein Anstoß, die Anwesenheit von Männern in der Familie zu stärken.

Im Vaterschaftsurlaub darf dann ruhig auch die Krawatte abgenommen werden Foto: imago

D ie ersten Wochen mit einem Neugeborenen sind eine Ausnahmesituation, in der längst viele Väter (und andere Co-Elternteile) Urlaub nehmen – um dabei zu sein, zu unterstützen, zu erleben. Das geht am besten, wenn sich die Familie kurz aus der Welt draußen herausziehen kann. Nun gibt es also mit dem Vaterschaftsurlaub offizielle Unterstützung dafür, der 2024 kommen soll und mit dem die Bundesregierung verspätet eine EU-Richtlinie umsetzt.

Zwei Wochen mehr frei in einem Jahr mit Baby – das ist nicht die Welt, aber dennoch eine deutliche Würdigung des zweiten Elternteils. Die EU unterstreicht dies, indem sie die Umsetzung von Deutschland verlangte, unabhängig von der vergleichsweise bereits recht großzügigen Elterngeld-Regelung.

Dass die Familienministerin das Verschieben des Urlaubs-Starts auf 2024 mit der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Unternehmen begründet, weist wiederum auf das große Ganze hin: die ewige Krux, dass Kinder und Beruf, Privatleben und Leistungsgesellschaft nur unter fortwährendem Gezerre zu vereinbaren sind. Wie viel Familienzeit können sich Menschen erlauben, ohne dass es beruflich Druck gibt? 2021 nahmen Väter durchschnittlich 3,7 Monate Elterngeld in Anspruch (inklusive des „Elterngeld Plus“) – Mütter 14,6. Dass Männer auch deshalb immer noch zurückstehen, weil Vorgesetzte ihnen abwehrend begegnen, ist anzunehmen.

Der Zusatzurlaub zugunsten der Väter könnte ein weiterer Anstoß für sie sein, die Anwesenheit in der Familie höher zu schätzen und sich mehr dafür einzusetzen. Wie sehr solche Angebote die Wahrnehmung verändern können, letztlich auch in Unternehmen, zeigt sich beim Blick nur wenige Jahrzehnte zurück, als Elternzeit noch Erziehungsurlaub genannt wurde und für Väter gar nicht gedacht war.

Apropos Namensgebung: Die zwei freien Wochen nach der Geburt „Urlaub“ zu nennen – warum nicht. Es ist ja eine bezahlte Auszeit vom Betrieb. Aber der Einfachheit halber könnte er doch Baby-Urlaub heißen. Denn darum geht es schließlich – für alle, die ihn in Anspruch nehmen dürfen.

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Anne Diekhoff
Nordeuropa-Korrespondentin
Seit 2022 bei der taz. Erst als Themenchefin in Berlin, jetzt als Korrespondentin in Schweden. Früherer Job im Norden: Trolle verkaufen am Fjord. Frühere Redaktionen: Neue OZ, Funke, Watson. Skandinavistin M.A.
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