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VW-Arbeiter lehnen Gewerkschaft abFabrik bleibt ohne Betriebsrat

Das VW-Werk in den USA wird wohl doch keinen Betriebsrat bekommen. Die Mehrheit der Arbeiter stimmte gegen eine Vertretung durch eine Gewerkschaft.

Bleibt ohne gewerkschaftliche Vertretung: Arbeiter im VW-Werk. Bild: dpa

CHATTANOOGA dpa/rtr | Die Mitarbeiter in Volkswagens einzigem US-Werk haben der Autogewerkschaft UAW die Türe vor der Nase zugeschlagen. Sie stimmten mit 712 zu 626 Stimmen gegen den Vorschlag, sich von der Gewerkschaft vertreten zu lassen. Dies ist ein herber Rückschlag für die UAW, die seit Jahren vergeblich versucht, in den Autofabriken im Süden der Vereinigten Staaten Fuß zu fassen.

„Volkswagen wird die Entscheidung der Mehrheit respektieren“, erklärte Werkschef Frank Fischer in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee. 89 Prozent der berechtigen Mitarbeiter hatten nach Firmenangaben an der geheimen Wahl teilgenommen.

Der mächtige VW-Konzernbetriebsrat hatte auf die Abstimmung gedrungen, um eine Arbeitnehmervertretung nach deutschem Vorbild in der amerikanischen Fabrik zu etablieren. „Unsere Mitarbeiter haben keine Entscheidung darüber getroffen, dass sie gegen einen Betriebsrat sind“, stellte Fischer klar. Nun müsse nach einem anderen Weg gesucht werden, diesen zu gründen.

Die Wahl hatte landesweit Schlagzeilen gemacht. Der Süden der USA gilt als gewerkschaftsfeindlich. Gerade hier haben sich aber viele ausländische Autohersteller angesiedelt. VW fertigt in der Region seinen US-Passat, Daimler und BMW bauen Geländewagen für den Weltmarkt. Auch Japaner und Südkoreaner betreiben hier Fabriken. Dagegen liegen die meisten Werke der US-Hersteller General Motors, Ford und Chrysler im gewerkschaftlich stark organisierten Norden.

Politiker im Süden hatten gegen die UAW mobil gemacht, weil sie das Ausbleiben neuer Investoren fürchteten. Sie sehen die Gewerkschaft als Mitschuldigen am Niedergang der Autoindustrie rund um Detroit. Die Autometropole im Norden hatte im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden müssen. US-Präsident Barack Obama warf den Republikanern einen Angriff auf Arbeitnehmerrechte vor.

„Wir sind aufgebracht darüber, dass Politiker und Interessengruppen sich in das grundlegende Recht der Arbeiter eingemischt haben, eine Arbeitnehmervertretung zu bilden“, erklärte UAW-Schatzmeister Dennis Williams nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Dieses muss noch von der zuständigen US-Aufsichtsbehörde National Labor Relations Board (NLRB) bestätigt werden. Einspruch ist möglich.

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5 Kommentare

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  • N
    NEU

    Wenn es darum geht eine neue Fabrik zu bauen und das komplizierte Deutschland und die einfachen USA zu Wahl stehen, dann weiß man schon wer gewinnt. Von daher könnte es langfristig clever sein, wenn man es den Unternehmen leicht macht.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Die Arbeitnehmer wollen keine Gewerkschaft und keinen Betriebsrat. Solange ihre Bezahlung relativ gut ist, mögen sie darauf verzichten können. Doch das kann sich bald ändern. Der Betriebsrat wird gegründet, sobald es nötig ist.

    • @774 (Profil gelöscht):

      In den Vereinigten Staaten liegt ein ureigenes Problem vieler Industrien in der fehlenden Facharbeiterschaft. Viele Arbeitnehmer betreiben "Job-Hopping", sie wechseln ihre Stelle je nach Angebot. Dies stellt die Gewerkschaften vor ein Problem, da ihre Mitglieder den Job als "Lebensstelle" ansehen. Daher ergibt sich die Situation, dass die Gewerkschaften einen guten Kombinationslohn aus Lohn, Krankenversicherung plus Zuzahlung des Arbeitgebers im Krankheitsfall (die Gesundheitsversicherungen zahlen nämlich in der Regel lediglich 50-70% einer Heilbehandlung) und Betriebsrente im Tarifvertrag ausgehandelt haben. Die "Job-Hopper" interessieren sich jedoch nur für den Lohn, da Betriebsrenten erst ab einer bestimmten Anzahl von Jahren Betriebszugehörigkeit gezahlt werden und nicht auf eine neue Stelle übertragbar oder auszahlbar sind. Daher gibt es eine - für uns kurios anmutende - Situation, dass Firmen ohne Gewerkschaft höhere Löhne zahlen (aber eben keine Nebenleistungen). Von daher überrascht das Ergebnis der Wahl eigentlich nicht sonderlich. Ob die Arbeitnhemer dadurch etwas gewinnen, kann jedoch gern bezweifelt werden.

      • 7G
        774 (Profil gelöscht)
        @Cerberus:

        Auch hier erlebe ich oft, wie sich Kollegen ihre Meinung abkaufen lassen und sich dann wundern, wenn die Firma trotzdem pleite geht. Der Mensch lernt eben am besten durch Schmerz.

  • C
    Calvinistic

    Naja...wer das Buch von Thomas Frank

     

    ARME MILLIARDÄRE! DER GROSSE BLUFF oer Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapial schlägt - breie Wählerschichten begeistern sich für eine Verschärfung der neoliberalen Wirtschaftspolitik - dem dürfte das nicht wundern. Dann mal gute Nacht.

     

    http://www.spiegel.de/kultur/literatur/thomas-frank-arme-milliardaere-a-854010.html

     

    http://www.sueddeutsche.de/politik/bestseller-autor-thomas-frank-im-interview-amerikas-rechte-hat-die-krise-umgedeutet-1.1469588