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VS-Bericht zu IslamistenVorsicht, Heimkehrer!

Der Innenminister und der Verfassungsschutz-Chef warnen vor einer Bedrohung durch Islamisten. Aber was genau weiß die Behörde über die Szene?

Sehen die größte Gefahr in radikalen Islamisten: Verfassungsschutz-Chef Maaßen (vorne) und Bundesinnenminister de Maiziére. Bild: dpa

BERLIN taz | Rund 2.000 Islamisten aus ganz Europa sollen in den letzten Monaten nach Syrien ausgereist sein. Wenn sie nachweislich an Kampfhandlungen beteiligt waren, müssen sie nach ihrer Rückkehr mit einem Haftbefehl rechnen. Ansonsten seien Ein- und Ausreiseverbote bei deutschen Staatsbürgern schwerlich zu verhängen, gab Innenminister de Maizière (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellungen des aktuellen Verfassungsschutz-Jahresberichts zu bedenken. Aber, fügte er hinzu: „Wir schöpfen die rechtlichen Möglichkeiten aus.“

Die Gefahr eines Anschlags durch radikalisierte Islamisten bezeichnete Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen als „größte Bedrohung der inneren Sicherheit“. Man müsse befürchten, den Überblick zu verlieren, gab er zu. Denn bei den Jugendlichen, die zum Dschihad nach Afghanistan und Pakistan ausgereist waren, sei die Lage noch einfach gewesen: „Die Leute hatten wir auf dem Radar“, so Maaßen.

Heute würden sich Jugendliche in kürzester Zeit radikalisieren. Und plötzlich erfahre man von jungen Deutschen, die in Syrien auftauchen, obwohl sie niemals vorher auffällig gewesen seien. Maaßen betonte dabei das zunehmende „Zusammenspiel von Internet und Realwelt“. Über Twitter und Facebook werde eine dschihadistische Erlebniswelt glorifiziert, die immer mehr Neugierige anziehe.

Als großen Erfolg wertete er es, dass kürzlich die Einreise eines franko-algerischen Syrien-Rückkehrers verhindert werden konnte. Das sei Tipps anderer Geheimdienste zu verdanken gewesen, und die Türkei sei dabei „ein wichtiger Partner“, so Maaßen, denn die meisten der registrierten 320 Ausreisen von Deutschen nach Syrien seien über die Türkei erfolgt.

Der Islamwissenschaftler Jörn Thielmann kritisierte die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes als zu vage. Es sei „beunruhigend, wie wenig man über die Rückreisenden weiß“, sagte er im Anschluss an die Vorstellung des Berichts. Nur selten scheine man zu wissen, was sie in Syrien getan hätten. Haben sie humanitäre Hilfe geleistet oder haben sie gekämpft? Und wenn ja, bei wem? Die Gefahr, die von zurückkehrenden Dschihadisten ausgehe, lasse sich nicht leugnen. Traumatisierte Rückkehrer bräuchten aber Hilfe. Thielmann plädierte für gezielte Aussteigerprogramme.

Aufgeblasene Statistik

Mit seinem Kollegen Werner Schiffauer warnte der Islamismus-Experte auch davor, alle Salafisten – oder gar alle Islamisten – pauschal über einen Kamm zu scheren. Der Verfassungsschutz geht bundesweit von rund 43.000 organisierten Islamisten aus. Schiffauer hält diese Zahl aber für „aufgeblasen“, weil darunter auch konservative Muslime wie die Mitglieder der türkisch-islamischen Gemeinschaft „Milli Görüs“ gezählt werden, die keineswegs zur Gewalt neigen. Erst seit 2010 werden die Salafisten im Bericht eigenständig erwähnt, ihre Zahl hat im letzten Jahr weiter zugenommen. Die Region Köln/Bonn zählt zu den Hochburgen.

Thielmann beschäftigt sich seit 2004 mit der Szene. Salafisten seien die „Punks des Islam“, sagte Thielmann salopp. Er plädierte dafür, auch mit konservativen muslimischen Gemeinden den Schulterschluss zu suchen. Salafistische Prediger könnten sogar einen „Schutzwall“ gegen eine Radikalisierung bilden, sofern sie sich glaubhaft von jeder Gewalt distanzierten. Gleichwohl sei ihre Rolle „ambivalent“, denn ihre schwarz-weiße Weltsicht lasse meist „wenig Nuancen“ erkennen.

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3 Kommentare

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  • Bosartig 2

    Ich hab schwierigkeiten meine Kritik auf den Punkt zu bringen, weil ich innerlich so aufgebracht bin, wie der CDU BUNDEXTAGSABGEORDNETE und Muttis Liebling, womit jetzt nicht die Kanzlerin gemeint ist in goebbelscher manierer zu misstrauen und indirekt zur Denunziation aufruft Die Hexenjagd ist eroeffnet. Gesucht fremdlaendisch aussehende meist braunaeugige Araber, Perser, oder Tuerken, kann man ja nicht unterscheiden, sehen ja alle gleich aus,die sich unauffaellig benehmen. Besonders verdaechtig sind dabei die freundlich auftreten. By the way welche Augenfarbe wirkt im Vergleich vertrauenswuerdiger, blaue, oder braune Augen? Ein Forschungsprojekt in den USA hat festgestellt, so hiess es in einer Radiosendung des oeffentlich rechtlichen Rundfunkts, beide wirken gleich vertrauenswuerdig. Das Menschen bei statistischen Untersuchungen mit braunen Augen vertrauenswuerdiger wirken, liegt nicht an der Augenfarbe, sondern an der Mimik.Diese Argumentationslinie faehrt Bosbach und kommt, wie diese von wem finanzierte Forschung ?zu dem Ergebnis, bzw. Schlussfolgerung...Menschen mit braunen Augen sind nicht, vertrauenswuerdiger, sieht nur so aus, bzw.die tun nur so.

    Ich hab uebrigens graublaue Augen. Das sind fuer Bosbach wahrscheinlich die schlimmsten Formwandler. Ich trau dir auch nicht Bosbach und dem Zweck deines populistischen eifers. Man hat gar keine Lust auf dietendenzioese Argumentation einzugehen. Der Sicherheitsapparat soll nicht in der Lage sein mit 29, oder 100 Terrorcampaktivisten fertig zu werden. Das glaubt doch nur noch die Omma, die auf das in dieser Frage angestjmmtes Gejammer hreifaellt. Der Hexenhammer moege ueber dich kommen Bosbach, damit du mal am eigenem Leib erfaehrst, was du da redest und welche Stimmung du damit verbreitest und zur Ausgrenzung und Fremdenhass beitraegst.

  • Bosartig

    Bei Anne Will ging es heute um den Terroralarm, den das in Deutschland ausgelöst und Innenminister de Maizere`verkuendete, weil deutsche Muslime in Syrien und Irak an kaempfen teilgenommen und sich haben an der Waffe ausbilden lassen und möglicherweise vorhaben hier Anschläge zu versuchen.. Es geht dabei um 20 bis 100 Personen, fuer die angeblich die rechtgrundlage fehlt „angemessen“ zu reagieren, bzw. die potentielle und ernstzunehmende Gefahr zu beseitigen. Nach 11 Jahren Antiterrorkampf ist das entweder eine Linke Nummer, oder ein Bankroterklärung, ein Versagen des Sicherheitsapparates bei seinem Kernthema, oder beides.Auch noch bei seinem Kernthema, nicht nur beim Faschismus.Bosbach kriecht jedem argument in den Arsch, um Verstopfung zu verursachen. Aus der Geschichte lernen, sagt er. Wie weit denn zurueck Merke Nicht jeder der sagt er sei kein Rassist, ist auch keiner. Auch gibt es einen Unterschied zwischen verkapptem Rassismus und verkappten Rassisten. Es soll sogar rassisten geben, die selber glauben, sie seien keine.Warum Tdrrorarlarm? Nach dem 11 September, diesem schrecklichem Anschlag gab es in den USAbis 2006 7? Sehr oft Terrorarlarm. Hab nicht mitgezaehlt, jedenfalls viel, viel oefter als bei uns. So hab ich mich damals gefragt izt bei uns regelmaessig vor Seihnachten Terroralarm und sonst ganz selten? Herr Bosbach? Ist doch eine linke Nummer. Ist auch in Ordnung, weil auch jeder will das man den Terroristen eine Buehne bereiten moechte und dadurch noch ermutigt. Warum also jetzt, vor dem Sommerloch, Vor dem VIERTELFINALE Terrorarlarm, Herr Bosbach und Herr Innminister. Kennen die sich? Sprechen die sich ab, vor so einer Sendung? Ein Schelm, wer...Die Buendnisgruene Polizistin wies auf die Frage hin. Ich vermute dahinter stehen Gesetzesinitiativen fuer dessen akzeptanz man angemessen, weltmeisterlich werben will.

  • "Salafisten seien die „Punks des Islam“"

     

    Und rechtsradikale Glatzen die Krabbelgruppe der CDU?