VOR DEM G-8-GIPFEL GIBT ES ENDLICH DIE NOTWENDIGE SUDAN-DEBATTE: Provokante Einladung an Deutschland
Wer hätte gedacht, dass die Wahl von Nicolas Sarkozy in Frankreich eines Tages in einer Kettenreaktion zur Entsendung deutscher Kampftruppen nach Darfur führen könnte? Dieses bis vor kurzem noch undenkbare Szenario könnte sich dieser Tage entfalten. Bernard Kouchner, Sarkozys neuer Außenminister und Vordenker des Prinzips der „humanitären Intervention“, ist auf seinem ersten Deutschland-Besuch als Minister im Begriff, die Idee einer europäischen Eingreiftruppe für Sudans Kriegsregion Darfur auf die Tagesordnung zu bringen. Die „Sicherung eines humanitären Korridors aus dem Tschad“ durch eine „UN-mandatierte Truppe mit europäischer Komponente“, die Kouchner bei EU-Asiengipfel in Hamburg vorschlug und dieser Tage auf dem G-8-Außenministertreffen in Berlin erweitern dürfte, lässt vieles offen – aber sie ist eine direkte Einladung an Deutschland mit seiner Doppelpräsidentschaft von EU und G 8, Stellung zu beziehen.
Dass eine Woche vor dem G-8-Gipfel eine Darfur-Interventionsdebatte beginnt, ist ein gutes Zeichen. Bisher hatte die Bundesregierung beim G-8-Thema Afrika den Fokus in geradezu atemberaubender Weise auf die Sonnenseiten des Kontinents gelegt und sämtliche problematischen Entwicklungen einfach ausgeblendet. Dies geschah im Wunsch, durch die Betonung des Positiven mehr Geld nach Afrika zu bringen. Aber die Krisen in Afrika müssen genauso auf die Agenda der internationalen Politik wie die Fortschritte.
Kouchners Eingreifszenario ist dennoch am ehesten als Provokation sinnvoll und weniger als ausgearbeiteter Plan zur Linderung des Leidens in Darfur. Soll wirklich eine EU-Truppe aus dem unwegsamen Tschad heraus ihren Weg in den Sudan hinein kämpfen, gegen den Widerstand einer von China und Russland hochgerüsteten Regierungsarmee? Eher könnte es um Schutzzonen gehen, kleine Inseln der Sicherheit, in denen Zivilisten Schutz vor Mordmilizen finden. Auch das wäre noch schwierig genug, von den diplomatischen Verwicklungen ganz zu schweigen. Aber die Diskussion darüber ist notwendig. DOMINIC JOHNSON
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