: V-Mann entlarvte Fälscherduo
■ Prozeß um 10.000 falsche BVG-Fahrscheine im Gesamtwert von 400.000 Mark endete mit Haftstrafe. Bei Kontrollen werden gefälschte Marken nur selten entdeckt
Die BVG versucht den Anschein zu erwecken, als seien gefälschte Tickets für sie kein Problem. „Wir haben keine Erkenntnisse, daß gefälschte Wertzeichen verstärkt in Umlauf sind“, sagte Pressesprecherin Carmen Kirstein. Eine Kripo-Gutachterin, die gestern in einem Prozeß um 10.000 falsche Fahrscheine im Gesamtwert von 400.000 Mark gehört wurde, war ganz anderer Meinung. Vor allem 7-Tages-Marken gebe es „in unglaublicher Anzahl“.
In dem Verfahren mußten sich ein 30jähriger Drucker und ein 39jähriger Bankkaufmann verantworten. Die Beweislage gegen den Drucker war so dünn, daß er freigesprochen wurde. Der Bankkaufmann Andreas K. dagegen, der den mit ihm befreundeten Drucker als Hauptinitiator des Geschäftes anzuschwärzen versucht hatte, wurde zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.
Aufgeflogen war der geplante Deal durch einen V-Mann der Polizei. Auf seinen Hinweis hin hatte sich ein Kriminalhauptkommissar bei Andreas K. als Kaufinteressent ausgegeben. Bei der Übergabe der Plastiktüte mit den 10.000 gefälschten Marken schnappten die Handschellen zu. K. hatte sich von dem Geschäft 50.000 Mark versprochen, was einem Stückpreis von fünf Mark pro Marke entspricht. Am BVG-Schalter kosten diese 7-Tages-Marken 40 Mark.
Wer die Marken wo hergestellt hatte, wurde nicht geklärt. Eine Kripo-Sachverständige bescheinigte den Falsifikaten gestern „eine ganz gute Qualität“, schob aber nach, daß sie schon bessere gesehen habe. Ihr persönlicher Eindruck war, daß die BVG dagegen kaum etwas unternehme. „Das Problem ist, daß die Kontrolleure nicht auf das Erscheinungsbild der Wertzeichen achten, sondern auf das Erscheinungsbild des Fahrgastes“, sagte sie. BVG-Sprecherin Kirstein versicherte dagegen, daß alle Kontrolleure mit UV-Lampen ausgerüstet seien und diese auch einsetzten. Bei einer Stichprobe Anfang des Jahres hätten nur vier von 7.000 überprüften Fahrgästen ein gefälschtes Ticket gehabt.
Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer schwere Geschütze aufgefahren. Er unterstellte den Angeklagten, sie seien schuld daran, wenn bei der BVG „die Preise steigen, weil die Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt werden“.
Der damit konfrontierte verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Michael Cramer, fand dies ganz schön dreist: Der größte Preistreiber bei der BVG seien nicht die Schwarzfahrer, sondern der Senat, der 1993 die Zuwendung von 1,6 Milliarden auf 970 Millionen Mark gekürzt habe. Während sich die Fahrpreise seit 1991 verdoppelten, seien die Fahrgastzahlen um fast 20 Prozent zurückgegangen.
Den Bankkaufmann plagten aufgrund seiner Haftstrafe und 100.000 Mark Schulden im Nacken gestern ganz andere Sorgen. Die Deutsche Bank hatte ihn trotz 20jähriger Betriebszugehörigkeit nach seiner Festnahme fristlos entlassen. plu
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