Urteil zur Parteienfinanzierung: Ein teurer Sieg
Die Parteien müssen nach einem Gerichtsurteil viel Geld zurückzahlen. Ein uneigennütziger, weil teurer Sieg der Opposition.
D ie Erhöhung der Parteienfinanzierung von 2018 verstieß gegen das Grundgesetz, weil sie unzureichend begründet war. Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben Abgeordnete von FDP, Grünen und Linken erreicht. Die Kläger:innen haben damit einen ziemlich uneigennützigen Erfolg erzielt. Zwar können sie das Urteil politisch nutzen und der damaligen Großen Koalition eine Selbstbedienungsmentalität unterstellen. Allerdings profitierten von der Erhöhung der Staatszuschüsse ja alle Parteien gleichermaßen, also auch FDP, Grüne und Linke. Und nun müssen auch alle Parteien gleichermaßen zurückzahlen. Ein teurer Sieg also, der aber zeigt, dass Oppositionskontrolle funktioniert.
Die Bundestagsverwaltung kann jetzt rund 100 Millionen Euro von den Parteien zurückfordern und sollte dies auch tun. Denn für Vertrauensschutz ist hier kein Raum. Dass die Erhöhung der Staatszuschüsse wacklig ist, war nach Erhebung der Klage allgemein bekannt. Alle großen Parteien haben auch darauf verzichtet, die zusätzlichen Gelder auszugeben und diese stattdessen zurückgelegt. Dementsprechend trifft sie die kommende Millionen-Rückforderung auch nicht existenziell.
Eine andere Frage ist, wie das Parlament selbst mit dem Urteil umgehen sollte. Immerhin haben die Richter:innen Mehrbedarf für Urwahlen und Aktivitäten in sozialen Netzwerken grundsätzlich anerkannt. Es ist daher nicht anrüchig, wenn die Fraktionen für die Zukunft einen neuen, besser begründeten Anlauf unternehmen.
Theoretisch könnte die Begründung für die erhöhten Staatszuschüsse sogar rückwirkend nachgebessert werden. Doch das wäre bedenklich. Denn politische Kommunikation, die in den letzten vier Jahren aus Geldmangel unterblieb, kann ja nicht einfach nachgeholt werden.
Sieger ist am Ende wieder einmal das Bundesverfassungsgericht. Es hat sich als Wächter profiliert, ohne den Parteien ernsthaft zu schaden. Die Politik muss mal wieder eine Ehrenrunde drehen, bekommt mit etwas Verspätung aber doch, was sie vermeintlich braucht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter