Urteil zur Bestrafung von Fanvergehen: Geldstrafen sind keine Strafen
Der Bundesgerichtshof hält eine gegen den FC Carl Zeiss Jena verhängte DFB-Strafe für rechtens – auch wenn der Verein sich nicht schuldig gemacht hat.
Geklagt hatte der FC Carl Zeiss Jena, dem das DFB-Sportgericht 2018 eine Geldstrafe von 24.800 Euro auferlegt hatte. Geahndet wurde, dass die Anhänger des damaligen Drittligisten bei zwei Heimspielen (gegen Halle und Großaspach) sowie bei einem Auswärtsspiel (in Braunschweig) bengalische Feuer abbrannten und Nebeltöpfe zündeten. 8.000 Euro der Summe durfte der Verein für eigene Sicherheitsmaßnahmen ausgeben.
Der Verein wollte die durchaus übliche Strafe nicht akzeptieren und begann einen Rechtsstreit um Grundsätzliches. „Wir werden hier für etwas bestraft, für das wir nichts können“, sagte FCC-Geschäftsführer Chris Förster. „Pyrotechnik im Stadion lässt sich nie völlig unterbinden, das hat noch kein Verein geschafft.“ Die Geldstrafen seien nur eine Einnahmequelle für den DFB, argumentierte man in Jena.
Erzieherische Wirkung
Doch das „Ständige Schiedsgericht“ der DFB-Lizenzligen, das von Ex-Verfassungsrichter Udo Steiner geleitet wird, bestätige 2019 die Geldstrafe. Sanktionen gegen die Vereine seien das einzige Mittel, die Vereine dazu zu bringen, mäßigend auf ihre Fans einzuwirken und so Ausschreitungen zu verhindern. Es bestehe die Hoffnung, dass Fans auf Fehlverhalten verzichten, um „ihrem“ Verein Sanktionen zu ersparen.
Staatliche Gerichte können den Schiedsspruch eines neutralen Schiedsgerichts nur aufheben, wenn dieser gegen den ordre public verstößt. Gemeint sind damit die wesentlichen Grundsätze des staatlichen Rechts. Zum ordre public gehört auch der Schuldgrundsatz („keine Strafe ohne Schuld“). In letzter Instanz beim Bundesgerichtshof ging es deshalb zentral um die Frage, ob ein Verein ohne eigenes Verschulden für Fehlverhalten seiner Fans bestraft werden darf. Der FC Carl Zeiss Jena sah darin eine Verletzung des ordre public. Die Geldstrafen gegen den Verein müssten deshalb annulliert werden.
Dies lehnte der BGH nun aber ab. „Der Schuldgrundsatz gilt nur bei Strafen und strafähnlichen Sanktionen“, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Die DFB-Geldstrafen seien aber trotz ihres Namens keine Strafen, sondern präventive Maßnahmen. Es gehe hier nicht um eine Sanktion für ein Fehlverhalten des Vereins in der Vergangenheit, betonte Richter Koch. Vielmehr solle Druck auf den Verein ausgeübt werden, damit dieser in der Zukunft besser auf seine Fans einwirkt. Die Einstufung solcher Vereinsstrafen als Prävention entspreche auch der Rechtsprechung des Sportgerichtshofs CAS.
FCC-Geschäftsführer Chris Förster zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht. „Wir empfinden solche Geldstrafen auch weiterhin als Strafen.“ Zu präventiven Zwecken seien sie ungeeignet. „Wir können nicht mehr machen als appellieren und im Rahmen unserer Möglichkeiten kontrollieren. Wir können ja keine Körper-Scanner wie auf dem Flughafen hinstellen.“ Der DFB bekomme es bei seinen eigenen Veranstaltungen doch selbst nicht richtig hin, so Förster, „auch beim DFB-Pokal-Finale in Berlin wird Pyrotechnik gezündet.“ Eventuell will der Verein noch eine Verfassungsbeschwerde einlegen.
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