Urteil zum Verbot des Umweltprotests: Demo am Hambacher Forst erlaubt
Die Polizei hatte die Demo am Hambacher Forst wegen Sicherheitsbedenken verboten. Nun kippte ein Gericht das Verbot.
„Das Urteil spornt uns noch mehr an, auf die Straße zu gehen“, sagt Uwe Hiksch von den Naturfreunden Deutschland. Er hat gemeinsam mit dem BUND, Campact und Greenpeace für Samstagmittag zu einer Großdemo für den Ausstieg aus der Kohleverstromung aufgerufen. Die Veranstalter rechnen mit 15-20.000 Menschen. Am Freitagnachmittag hat das Verwaltungsgericht Aachen die Demonstration genehmigt.
Damit setzte sie sich über die Einschätzung der Polizei Aachen hinweg, die die Versammlung wegen „erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ einen Tag zuvor verboten hatte. Die Demonstration wird auf einem Autobahnteilstück stattfinden, das von Leitplanken und Lärmschutzwällen begrenzt wird. Die Stadt Kerpen als zuständige Kommune hatte Bedenken geäußert: Es sei schwierig für Feuerwehr und Rettungskräfte, die Demo zu erreichen, außerdem sei der nächstgelegene Bahnhof in dem kleinen Ort Buir zu klein, um eine unproblematische Anreise zu gewährleisten. Das Verwaltungsgericht teilte die Einschätzung nicht.
Demoanmelder Hiksch hielt die Bedenken für vorgeschoben: „Die Polizei handelt auf politischen Druck“. Die Veranstalter haben Shuttle-Busse aus dem benachbarten Horrem gechartert, außerdem könnten problemlos 12.000 Menschen mit dem Zug über Buir anreisen. Der zuständige Verkehrsverbund VRS hat bereits erklärt, zusätzliche Züge einzusetzen.
„Das wird ein Happening werden“
Das späte Urteil setzt die Organisatoren jedoch unter Zeitdruck. Vermutlich wird sich wegen der Verzögerung der Start der Kundgebung auf 12 Uhr verschieben. Neben Politikern und Umweltverbänden sollen dort auch sechs Bands, darunter die Deutsch-Pop-Band Revolverheld spielen. Uwe Hiksch verspricht: „Das wird ein Happening werden.“
Zu verhindern wäre das ohnehin nicht gewesen. Sowohl Veranstalter als auch die Polizei Aachen gingen am Freitag davon aus, dass sich Tausende auf den Weg in Richtung Hambacher Wald machen – egal, ob die Demo erlaubt worden wäre oder nicht. Unklar ist, was passiert, wenn sich Demonstranten auf den Weg in den Wald oder den Tagebau machen. RWE hat einen Teil des Hambacher Walds abgesperrt, muss aber deutlich machen, dass man ihn nicht betreten darf.
Würde die Polizei dann einschreiten? „Das ist eine Einzelfallentscheidung“, kommentierte eine Sprecherin der Polizei Aachen. „Jagdszenen wollen wir aber auf jeden Fall vermeiden.“
RWE erwartet nun Gewinneinbußen in höhe eines „niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrags“ pro Jahr ab 2019. Die Auswirkungen auf den Tagebaubetrieb könnten derzeit noch nicht abgeschätzt und müssten erst geprüft werden. Das Unternehmen geht aber davon aus, dass eine Entscheidung darüber, ob der Hambacher Forst gerodet werden darf, „möglicherweise nicht vor Ende 2020“ vorliegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands