Urteil zu U-Haft für Aktivisten: G20-Gegner bekommt Entschädigung
Konstantin P. wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er sich bei seiner Festnahme wehrte. Der Staat muss ihn nun für die U-Haft entschädigen.
Ob davon etwas übrig bleibt, nachdem P. einen Teil der Verfahrenskosten tragen muss, ist allerdings unklar. Die Anwält*innen kündigten zudem an, in Berufung zu gehen. P. war anfänglich vorgeworfen worden, am 8. Juli zwei Glasflaschen auf Polizist*innen geworfen zu haben. Nachdem die Hauptbelastungszeugen, vier Beamte einer hessischen Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE), ihn aber weder auf Videos identifizieren, noch den Tathergang schildern konnten, blieb nur der Vorwurf bestehen, P. habe Widerstand bei seiner Festnahme geleistet: Als die vier Polizisten den schmächtigen jungen Mann zu Boden gebracht hatten, habe er mit den Beinen gestrampelt.
Die Anwält*innen hatten Freispruch gefordert – unter anderem, weil sie die Glaubwürdigkeit der Polizisten für zweifelhaft hielten. Im Dezember war herausgekommen, dass die Beamten zur Vorbereitung ihrer Aussagen einen Aktenordner einsehen konnten, der auf dem Polizeipräsidium stand und die Aussagen mehrerer Kollegen enthielt.
Aber auch die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlungen eher torpediert als gewissenhaft geführt: Sie hatte den Zeugen per Email einen Fragenkatalog geschickt. So war es den Polizisten zumindest möglich, sich in Ruhe abzusprechen und vorzubereiten. P.s Anwältin nannte das „eine Frechheit“. Hier könne man deutlich sehen, wie im Zusammenhang mit G20 die Gewaltenteilung aufgehoben und der Rechtsstaat in die Knie gegangen sei.
P. hat noch ein anderes Gerichtsverfahren laufen: Nachdem der russischen Staatsbürger P. aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, hatte die Ausländerbehörde versucht, ihn abzuschieben. Damit verbunden wäre eine fünfjährige Wiedereinreisesperre in den Schengenraum. P. legte Widerspruch ein, das Verwaltungsgericht hat noch nicht entschieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers