Urteil zu Hausdurchsuchungen: Warten auf Richter
Der private Wohnraum ist im Grundgesetz besonders geschützt. Soll die Polizei rein, muss das ein Richter beschließen – auch wenn das dauert.
Die Wohnung als privater Rückzugsort ist im Grundgesetz besonders geschützt. Die Polizei darf eine Wohnung grundsätzlich nur durchsuchen, wenn dies ein unabhängiger Richter genehmigt hat. Nur bei „Gefahr im Verzug“ kann die Staatsanwaltschaft oder die Polizei selbst die Durchsuchung anordnen, so das Grundgesetz. Bereits 2001 ordnete das Bundesverfassungsgericht an, dass immer ein Bereitschaftsrichter erreichbar sein muss, um über Durchsuchungen entscheiden zu können.
Jetzt ging es um die Frage, ob die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung auch dann selbst anordnen darf, wenn die Entscheidung durch den zuständigen Richter nach ihrer Ansicht zu lange dauern würde.
In drei Fällen in Hamburg hatten es Richter abgelehnt, ohne Akten über die Durchsuchung zu entscheiden. Die Anfertigung von Protokollen und die Übersendung der Akten hätte bis zu vier Stunden gedauert. Deshalb berief sich die Staatsanwaltschaft auf ihre Eilkompetenz und ordnete die Durchsuchungen dann doch selbst an.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts schob dem jetzt einen Riegel vor. Wenn ein Richter erreichbar ist, muss dieser auch über die Durchsuchung entscheiden, so die neue Vorgabe. Oft genüge schließlich eine mündliche Information. Wenn der Richter auf Akten bestehe, müsse dies aber akzeptiert werden. Sollten dadurch strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigt werden, sei dies hinzunehmen. Nur bei akuten Gefahren für Menschen und Sachen wäre doch eine Durchsuchung ohne richterlichen Beschluss möglich, dann aber gestützt auf die Eilfallregelung des Polizeigesetzes.
Das Karlsruher Urteil hat große praktische Relevanz. Nach Angaben aus Schleswig-Holstein entschiedet bisher die Staatsanwaltschaltschaft in zehn bis zwanzig Prozent aller Hausdurchsuchungen selbst, obwohl bereits das zuständige Amtsgericht eingeschaltet war. Die Gesamtzahl der Durchsuchungen wird in Deutschland zwar nicht statistisch erfasst, Experten schätzen jedoch, dass es mehr als hundertausend pro Jahr sind. (Az.: 2 BvR 2718/10)
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